Wer effizient arbeitet, ist noch Avantgarde

Knappheit ist nicht erst seit der Krise ein Problem. Aber wieso tun sich die Betriebe so schwer, Ressourceneffizienz zum Prinzip zu machen? Unternehmen, Verbände und Gewerkschafter machen sich gemeinsam Gedanken

BERLIN taz ■ Kurzarbeit und Entlassungen: In der Krise reagieren die Unternehmen schnell mit der Senkung von Personalkosten. Dabei machen die beim produzierenden Gewerbe nur etwa 19 Prozent der Gesamtkosten aus, das Material trägt dagegen im Schnitt 43 Prozent bei. Der effiziente Einsatz von Ressourcen ist denn auch der Bereich, von dem sich das Netzwerk Ressourceneffizienz die größten Wettbewerbsvorteile verspricht. In Berlin trafen sich die Mitglieder – Unternehmen, Wissenschaftler, Handwerkskammern, Gewerkschafter, Umwelt- und Verbraucherverbände – zu einer Konferenz.

Mehr Werte mit weniger Ressourceneinsatz zu schaffen ist laut Michael Müller, Staatssekretär im Umweltministerium, das Ziel. Die „Knappheitsproblematik“ werde die Debatte der nächsten Jahrzehnte bestimmen.

Was sich nach Sonntagsrede anhört, ist für den Automobilzulieferer Aicher Präzisionstechnik aus dem baden-württembergischen Königsheim Alltag. Ressourceneffizienz sei zur „Überlebensfrage“ geworden, so Chefin Franziska Aicher. „2007 hätten uns die hohen Rohstoffpreise fast die Existenz gekostet.“

Mit externer Beratung startete sie in ihrem Unternehmen mit 118 Mitarbeitern eine Effizienzoffensive. Der gesamte Produktionsablauf wurde unter die Lupe genommen, Maschinen umgestellt, Abteilungen neu organisiert. Nun entfallen früher notwendige Transporte, Fehler werden früher erkannt, es wird weniger Material verbraucht. Das Unternehmen produziert heute etwa ein Drittel weniger Ausschuss – und ist gesund.

Der Betrieb gehöre heute noch zur Avantgarde, sagt Kora Kristof, die das Netzwerk Ressourceneffizienz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie aus begleitet. Zur Weiterverbreitung des Grundgedankens hofft sie auf das so heterogen besetzte Netzwerk. Dieses setzt an verschiedenen Punkten an: So wird ebenso über eine Roadmap für die Photovoltaikbranche diskutiert, in der schon jetzt Engpässe etwa von Silber oder Gallium erkannt und letztlich eine höhere Recyclingfähigkeit von Photovoltaikanlagen erreicht werden soll, wie über Module für die betriebliche Weiterbildung von Technikern.

Derzeit erstellt das DGB-Bildungswerk ein Bildungskonzept. Sei Ressourceneffizienz bisher eher in den Umweltkreisen der Gewerkschaften diskutiert worden, wachse nun die Nachfrage von Betriebsräten nach Infos, sagt Gewerkschafter Jürgen Hoffmann. H. HOLDINGHAUSEN