Das Literaturhaus bringt „Poesie in die Stadt“. Die Plakataktion wird mit einer Performance im Levantehaus eröffnet
: Lyrischer Sommer

„Und er sprach / Laß das Fremde dich nicht fangen / In seinem Netz.“ So beginnt ein Gedicht von Adel Karasholi, das im Juli und August auf großflächigen grün-schwarzen Plakaten in ganz Hamburg zu lesen sein wird. Nicht nur Poesie des Syrers, der 1961 nach Deutschland emigrierte, sondern Gedichte von insgesamt acht LyrikerInnen werden auf großen, knallbunten Plakaten in Bahnhöfen, an Straßen und Bushaltestellen, auf Infoscreens in U- und S-Bahnen zu sehen sein.

Die Aktion „Poesie in die Stadt“ findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt und wird organisiert von einem Netzwerk aus acht Literaturhäusern in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Sie wollen zeigen, dass Poesie auch auf der Straße überlebensfähig ist und im Gewimmel der Werbung die Aufmerksamkeit der Passanten zu fesseln vermag.

Mit insgesamt 3.000 Plakaten werden in diesem Sommer unter anderem in Berlin, Hamburg, Salzburg und Basel öffentliche Räume poetisch erobert. Gedichte von Galsan Tschinag, Yoko Tawada, José F. A. Oliver, Adel Karasholi, Laszló Csiba, Aglaya Veteranyi, Zehra Çirak und Zafer Senocak sollen Vorbeieilende zum Stehenbleiben und Innehalten animieren. Alle acht sind Träger des Albert-von-Chamisso-Preises, der jedes Jahr von der Robert-Bosch-Stiftung an AutorInnen nichtdeutscher Herkunft oder Muttersprache verliehen wird, die in deutscher Sprache schreiben. Alle Gedichte stehen diesmal unter dem Motto „Daheim in der Fremde“.

In Hamburg wird der Poesiesommer am kommenden Mittwoch mit einer lyrischen Performance eröffnet. Dabei stellen Yoko Tawada, José F. A. Oliver und Adel Karasholi lyrische Texte vor.

Yoko Tawada wurde 1960 in Tokio geboren und lebt seit 1982 in Hamburg, wo sie Literaturwissenschaften studierte. Sie arbeitet als Poetik-Dozentin und schreibt auf Japanisch und Deutsch. In ihrem jüngsten Roman Das nackte Auge erzählt Tawada die Geschichte einer jungen Vietnamesin, die erst in Deutschland und später in Frankreich mit ihrem Versuch, Fuß zu fassen, scheitert.

José F. A. Oliver, 1961 in Hausach im Schwarzwald als Sohn andalusischer Gastarbeiter geboren, hat bislang vor allem Lyrikbände veröffentlicht. Das Reisen und das Schreiben sind für ihn untrennbar verbunden. Im Mai diesen Jahres fungierte er für das Goethe-Institut als Stadtschreiber von Kairo und veröffentlichte seine Eindrücke in einem Internet-Tagebuch.

Der in Damaskus geborene Adel Karasholi war in den fünziger Jahren das jüngste Mitglied des arabischen Schriftstellerverbandes. Nach dessen Verbot 1959 musste er Syrien verlassen und kam 1961 nach Leipzig. Dort studierte und promovierte er am Literaturinstitut und war später als Lektor tätig. Seither arbeitet er als freier Schriftsteller. In seinen Werken versucht Karasholi Vorurteile und Missverständnisse gegenüber der arabischen Welt zu relativieren und die kulturellen Leistungen der arabischen Kultur zu vermitteln.

Begleitet wird die Lesung von der Gruppe „sensor“, zu der der Maler Helge Leiberg und der Musiker Lothar Fiedler gehören. Helge Leiberg wird sich von den Texten inspirieren lassen und simultan mit Tusche auf Folie zeichnen. So können die Zuhörer das Entstehen der Bilder miterleben, die overhead auf eine Leinwand projiziert werden. Musikalisch ergänzen wird dieses Zusammenspiel Lothar Fiedler, der mit elektronischen Sounds spontan passende Klangbilder erzeugen wird. Kathleen Fietz

Eröffnung: Mi, 7.7., 20 Uhr, Levantehaus, Mönckebergstraße 7