Lange und sein liebstes Kind

Nette Knirpse und empörte Eltern beim Besuch des Senators in einer Gutschein-Kita

Mit den Worten „Das ist ja alles ganz schön bei Ihnen“ strahlte Rudolf Lange (FDP) gestern den Erzieherinnen des Kindergarnens in der Eppendorfer Schedestraße entgegen. Angesichts der Prognosen, dass im Zuge der Kita-Gutscheinreform etliche Tagesstätten über kurz oder lang schließen müssen, ist die mit Senatorenbesuch bedachte Einrichtung eine der raren Wiesen, wo noch was wächst. Bildungs- und Kita-Senator Lange schüttelte beherzt die Händchen von Gutschein-Glückskindern.

Dennoch wurde der Senator bei seinem ersten Besuch in einer Gutschein-Kita zuerst mit renitenten Eltern konfrontiert, die ihm endlich persönlich ihren Protest vorhalten wollten. Unter den ohne Gutschein verbliebenen Eltern war die Rede von einem „pädagogischen Roll-back“ und einer Bildungspolitik, die sich nur an ein Segment von Familien richte. „Bislang ist Herr Lange jedem Gespräch mit uns aus dem Weg gegangen“, empörte sich Jürgen Baumann vom Elternbündnis für familiengerechte Betreuung: „Wir hoffen nun, dass der Bürgermeister die Kita-Problematik zur Chefsache erklärt.“

Die Kritik in den Reihen des Personals wurde in verhaltenem Grummeln deutlich. In der Schedestraße werden derzeit 184 Kinder von 25 Erzieherinnen betreut. „Für die Kinder, die bisher schon bei uns waren, war es nicht schwer, einen Schein zu bekommen“, sagt Stefanie Jankowski, stellvertretende Leiterin der Einrichtung. Neuankömmlinge im Erziehungssystem müssten sich allerdings erst durch Behörden und Anträge wühlen, um endlich ihre Wertmarke zu bekommen. „Zuerst geht es zum Amt für Kindertagesbetreuung, um einen Gutschein zu beantragen“, erklärt Jankowski. „Mit diesem kommen sie dann zu uns und wir entscheiden, ob wir einen freien Platz haben.“ Langes Vorstoß gibt sie nur unbefriedigende Noten, nennt das System „in keinster Weise bedarfsorientiert“.

Nach den Worten des Bildungssenators habe das Kita-Gutscheinsystem seine Vorteile schon vor der Einführung bewiesen. Er wollte einen Wettbewerb zwischen den Kindertageseinrichtungen entstehen lassen, um die vorschulische Erziehung besser und günstiger zu gestalten. Auf den Punkt gebracht: „Mehr Bewegung in ein starres System bringen.“ Das alles mutet höchst lobenswert an. Nur weigern sich die Adressaten der Gutscheinreform bislang vehement, diese Bemühungen zu würdigen. CHRISTINE KEILHOLZ