„Ich habe in Taxis schon Unglaubliches erlebt“

Detlev Freutel vom Taxi-Verband Berlin-Brandenburg macht auch den schlechten Service der Fahrer für die Taxikrise verantworlich. Nun will er Kunden über ihre Rechte aufklären. Eine Begrenzung der Konzessionen hält er für ungeeignet

taz: Herr Freutel, das Taxigewerbe macht kaum noch Umsätze, die Fahrer verdienen oft schlechter als andere Dienstleister. Was sind die Ursachen?

Detlev Freutel: Kurz gesagt: Das Verhältnis von Fahrgastaufkommen und Taxenanzahl stimmt nicht mehr. Eine Taxe fährt im Durchschnitt eine Tour pro Stunde. Von jeder Arbeitsstunde steht der Fahrer etwa 40 Minuten am Wartestand. 10 Euro Umsatz die Stunde sind der magere Schnitt.

Also gibt es zu viele Kozessionen für Taxen?

Bei einem Konzessionsstopp gäbe es nicht nur rechtliche Schwierigkeiten. Das Problem schwarzer Schafe bliebe vorerst bestehen. Es gibt eine Vielzahl von Fahrern ohne Steuerkarte, die zudem unzureichend ausgebildet sind. Die Behörden müssen da konsequenter vorgehen.

Inwiefern beeinträchtigen schwarze Schafe das Geschäft?

Wenn die Konkurrenz steigt, liegen die Nerven der Kollegen blank, und der Fahrgast bleibt als Ventil. Diesem Qualitätsdumping muss wirksam entgegengetreten werden. Vor allem durch Kundenaufklärung. Denn es kommt häufiger zu Beschwerden. Nicht nur bei uns, den Taxiverbänden, sondern auch bei der dafür zuständigen Behörde, dem Landeseinwohneramt.

Worüber beschweren sich die Fahrgäste?

Der Beförderungspflicht wird trotz mangelnder Auftragslage oft nicht nachgekommen. Vor einigen Tagen kam ein älterer Herr aus dem Bahnhof Zoo und wollte ins nahe Hotel Kempinski. Die Strecke war dem Taxifahrer offensichtlich zu kurz, und er verweigerte die Mitnahme. Es lohne sich für ihn nicht und der Warteplatz sei dann weg. Das mag zwar stimmen, aber das Verhalten verstößt gegen die guten Sitten und eben auch gegen die Beförderungsbestimmungen. Selbst ich habe in Taxis schon Unglaubliches erlebt.

Was denn?

Ich winke einen Kollegen zu einer Kurzstreckenfahrt ran. Er murrte schon beim Wort „Kurzstrecke“ und wählt dann nicht den kürzesten Weg zum Ziel. Angekommen bitte ich ihn um eine Quittung – es war schließlich eine Dienstfahrt. Seine Reaktion ist leider verbreitet: „Wie bitte!? Bei so einer kurzen Fahrt? Da müsste ich ja den ganzen Tag schreiben!“ Damit nicht genug fordert er mich auf, die Quittung selbst auszufüllen – was verboten ist. Um das auch noch zu überbieten, fehlt dann auf dem Papier die Unternehmensanschrift. Außerdem war während der Fahrt die Uhr nicht eingeschaltet. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Abgabeverordnung. Auch wenn die Kurzstrecke auf zwei Kilometer begrenzt ist. Es fehlte einfach alles, was Qualität beim Fahrer ausmacht.

Warum fordern Sie kein Qualitätssiegel für Taxen?

Die Idee ist gut, aber in der Praxis halten wir das für Schaumschlägerei. Der Fahrer ließe sich auch gar nicht auf Dauer überprüfen. Zudem bieten die bestehenden Bestimmungen ausreichend Möglichkeiten, schlechter Dienstleistung vorzubeugen.

Aber das wissen die Kunden doch nicht.

Deshalb werden wir uns dazu in den nächsten Wochen an die Öffentichkeit wenden. Hotels, Flughäfen und städtische Einrichtungen bekommen dann Hinweise für Fahrgäste und Neukunden. Fordern die ihre Rechte ein, wird sich auch Qualität durch setzen.

INTERVIEW: HANNES HEINE