Das lange Warten für nichts

Die Taxifahrer stehen fast nur noch in der Schlange. Der Umsatz ist um 30 Prozent gesunken. Der Kundschaft ist die Fahrt zu teuer. Verbände klagen über zu viele schwarze Schafe in der Branche

von HANNES HEINE

Es ist keine lange Fahrt. Vom Tränenpalast an der Friedrichstraße zum Treptower Park. Etwas über 10 Minuten, und man ist da. Doch die 7 Kilometer sind nicht billig. Die Anzeige auf dem Taxameter sorgt bei der Kundschaft nicht selten für gereizte Stimmung. „13 Euro und 60 Cent“, murmelt auch der Fahrer etwas unfreundlich. Verständlich: Nur knapp 4 Euro bleiben nach allen Abzügen für ihn übrig. Dabei bekommt er pro Stunde oft nur eine Fahrt dieser Länge. Mehr als 12 Stunden Fahrt am Tag sind nötig, um einigermaßen über die Runden zu kommen.

Das Gewerbe ist am Boden. „Wir haben fast ein Drittel weniger Umsatz als letztes Jahr“, klagt Bernd Dörendahl von der Innung des Berliner Taxigewerbes. Die potenzielle Kundschaft spart, wo sie kann. „Selbst auf dem Ku’damm winkt keiner mehr ein Taxi ran – die Leute haben kein Geld.“ Außerdem ist die Konkurrenz groß. Inzwischen gibt es 6.663 angemeldete Taxen in der Stadt. Das sind 150 Konzessionen mehr als im Vorjahr.

Deshalb wurden Forderungen nach einem erneuten Konzessionsstopp laut. „Wir sind dagegen – das schiebt das Problem nur auf“, so Döhrendahl. Die Erfahrung habe man beim letzten Zulassungsstopp gemacht. In den Jahren 1999 bis 2001 wurden 700 Anmeldungen auf die Warteliste gesetzt. Nachdem die Begrenzung aufgehoben wurde, kamen 350 neue Genehmigungen auf einen Schlag hinzu.

Die beiden Vereinigungen der Branche sind sich einig: Sowohl Taxi-Innung als auch der Berliner Taxi-Verband plädieren für eine striktere Anwendung bestehender Gesetze. Jede Neuzuteilung müsste akribisch geprüft werden, meint Döhrendahl. „Der Betrieb muss auf Dauer ohne Steuerhinterziehung, Betrug und Schwarzarbeit laufen.“

Das scheint nicht ganz einfach zu sein. Schwarze Schafe sind in der Branche keine Seltenheit. „Viele Fahrer werden mit illegalen Vergünstigungen gelockt, wie dem Fahren ohne Steuerkarte“, weiß Wilfried Hochfeld vom Berliner Taxi-Verband. Davon profitieren Fahrer und Unternehmer, weil beide an Abgaben sparen. Diejenigen, die mit Genehmigungen arbeiten, haben das Nachsehen und wehren sich. „Wir reagieren nach Informationen direkt aus dem Gewerbe. Die Branche ist für Schwarzarbeit anfällig“, betont Georg Müller, Referatsleiter für den öffentlichen Personen- und Nahverkehr bei der Senatsverkehrsverwaltung. Seine Behörde kann aber nur gemeldete Fälle untersuchen.

Das Problem der Schwarzfahrer nimmt seit Jahren zu. Dabei ist die Auftragslage schlechter denn je. Taxis werden oft nur noch von Geschäftsreisenden genutzt. Eine Ursache sind sicherlich die hohen Berliner Tarife. Selbst im kostspieligen München bezahlt der Taxikunde für 7 Kilometer weniger als in Berlin. Der Grundpreis ist mit 2,50 Euro nahe am Münchener: Hier werden 2,40 Euro verlangt. Bis zum 7. Kilometer zahlen die Berliner je 1,53 Euro. Macht insgesamt also 13,22 Euro. Nicht so in der bayrischen Metropole. Fährt man länger als 5 und weniger als 10 Kilometer, werden 1,25 Euro Kilometergeld verlangt. Ist der Kunde sicher angekommen, zahlt er hier 11,15 Euro. Im sächsischen Leipzig ist noch weniger Entgelt vonnöten. Nach 7 Kilometern nächtlicher Fahrt sind nur 10,90 Euro zu berappen. Dabei dauert die Fahrt in München und Leipzig ebenfalls nicht lange. Nach einigen Minuten ist man auch hier am Ziel.