Die Mauer wird höher

Palästinensische EhepartnerInnen von Israelis dürfen nicht mehr automatisch eingebürgert werden, sondern brauchen Sondergenehmigungen und müssen sich mit dem Staat Israel solidarisieren

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Palästinenser, die mit Israelis verheiratet sind, kommen ab sofort nicht mehr automatisch in den Genuss der israelischen Staatsbürgerschaft. Mit 53 zu 25 Stimmen bestätigten die Abgeordneten am späten Donnerstagabend die Gesetzreform, die den palästinensischen Neuvermählten künftig eine Sondergenehmigung abzwingt, wollen sie mit ihren israelischen Ehepartnern zusammenleben. Die Gültigkeit dieses Gesetzes ist zunächst nur auf ein Jahr beschränkt. Innenminister Abraham Poras (Schinui) begründete, das neue Gesetz sei notwendig geworden, nachdem immer mehr Palästinenser, die durch Eheschließung die Staatsbürgerschaft erworben hatten, an Terroroperationen beteiligt waren.

Der Abstimmung ging eine heftige Debatte voran. Der Abgeordnete Jossi Sarid (Meretz) sprach von einem „legislativen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Von Seiten der arabischen Parteien wurde der Verdacht geäußert, dass die Hintergründe für den Gesetzentwurf nichts mit der Sicherheit der Staatsbürger zu tun haben. Den Ausschlag habe, so der Abgeordnete Asmi Bishara (Nationale Demokratische Vereinigung), die Hoffnung auf demografische Veränderungen und eine „Eindämmung der Araber in Israel“ gegeben.

Besonders erregt zeigte sich Bisharas ehemaliger Parteifreund Achmad Tibi: „Ich bin selbst mit einer Palästinenserin verheiratet“, sagte er. „Wäre das Gesetz früher in Kraft getreten, könnte meine Frau heute nicht bei mir leben.“ Die bisherige Regelung sieht eine automatische Einbürgerungsprozedur von vier Jahren vor. Die arabischen Abgeordneten wollen versuchen, über den Obersten Gerichtshof die Gesetzreform rückgängig zu machen. Die fortan notwendige Sondergenehmigung setzt voraus, dass sich der Antragsteller mit dem Staat Israel solidarisiert. Damit gelten für die Palästinenser exklusive Regeln. Die Angehörigen aller anderen Nationen fallen weiter unter das bislang gültige Recht.

Seit den Osloer Friedensabkommen im September 1993 habe sich die Zahl der Anträge von Palästinensern, die im Rahmen der Familienzusammenführung israelische Staatsbürgerschaft erwerben wollen, verdoppelt, begründete Juri Stern (Nationalen Vereinigung), Chef des parlamentarischen Innenausschusses. In weit über 100.000 Fällen sei den Anträgen stattgegeben worden. Elf Prozent der israelischen Araber stammen aus dem Westjordanland oder dem Gazastreifen. 20 von ihnen waren nach Auskunft des Nachrichtendienstes Shin Beth in den vergangenen drei Jahren an Terroroperationen beteiligt. Die Araber machen insgesamt etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung Israels aus.

Ohne großartige Zeremonien wurde Ende der Woche das erste Teilstück des umstrittenen Schutzwalls eingeweiht, den Israel derzeit auf zumeist palästinensischem Gebiet errichtet. Dabei geht es um insgesamt 150 Kilometer vom nördlichen Salem bis nach Kalkilia unweit von Tel Aviv sowie ein kurzes Stück Trennanlage bei Jerusalem.