Blitzschneller Verkehrsminister

NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke galt unter den Christdemokraten einmal als Überflieger. Jetzt hat ihn die Polizei beim Rasen erwischt: statt der erlaubten 50 fuhr Wittke 109 km/h FOTO: OBERHÄUSER/CARO

Oliver Wittke ist die Sache mit der Radarfalle ziemlich peinlich. Schon im November wurde Nordrhein-Westfalens CDU-Verkehrsminister im sauerländischen Meschede geblitzt. Kurz vor dem Ortsausgangsschild war Wittke statt der erlaubten 50 schon 109 Stundenkilometer schnell.

Von seinem Konflikt mit der Staatsgewalt erzählte Wittke aber erst jetzt, nachdem die lokale Westfalenpost über den Fall berichtet hatte. Im Landtag gab sich der Minister demütig: Er habe für seinen Fehler gebüßt, sei schon sieben Wochen ohne Führerschein. Erst kommende Woche bekomme er den Lappen wieder, außerdem seien 175 Euro Bußgeld und vier Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei fällig gewesen. Doch Wittke wäre nicht er selbst, hätte er nicht auch eine Erklärung für seine Raserei: An „einer schweinischen Stelle“ habe ihn die Polizei erwischt. „Von hinten“ sei er geblitzt worden. „Links ein Haus, rechts Ackerbau und Viehzucht“ – da habe er sich eben außerorts gewähnt, klagt der Diplomgeograf. In Zukunft wolle er sich aber „regelkonform“ verhalten.

Das dürfte dem 42-Jährigen schwerfallen. Wittkes Karriere ist eine Geschichte von Erfolgen – und merkwürdigen Aussetzern. Schon mit 22 saß er im heimischen Gelsenkirchen im Rat, mit 28 im Landtag. Mit 33 gelang ihm der Coup: Er eroberte 1999 das Rathaus von Gelsenkirchen, wo die Sozialdemokraten 53 Jahre lang regiert hatten. Als neuer Oberbürgermeister traf er auf 2.500 Mitarbeiter mit SPD-Parteibuch – und ganze 14 Christdemokraten.

Doch Wittke scheiterte: Das denkmalgeschützte, im Bauhausstil errichtete städtische Hans-Sachs-Haus wollte er zur Sanierung an einen privaten Investor verkaufen und dann zurückmieten. Die Sanierung misslang. Jahrelang stand der entkernte Bau wie ein Mahnmal herum. In Gelsenkirchen hieß Wittke plötzlich nur noch „Ruinen-Olli“, wiedergewählt wurde er 2004 nicht. Nach dem CDU-Sieg bei der NRW-Wahl 2005 wurde der Landesvize der Partei Minister für Bauen und Verkehr. Doch in Düsseldorf machte der persönlich sympathische Wittke weiter Negativschlagzeilen: „Ich kann auch mit Doofen“ antwortete er der Zeit auf die Frage, warum er so beliebt sei. Im Mai 2006 fiel im Landtag auf, dass sich der Minister nicht für eine Debatte zum Thema Hartz interessierte: Auf der Regierungsbank klebte er Panini-Fußballbildchen in ein Sammelheft.

Wittke habe seine „Blitzkarriere“ hinter sich, höhnen jetzt die Grünen und zitieren genüsslich aus den Broschüren seines Ministeriums: „Fahren Sie vorsichtiger und rücksichtsvoller. Gehen Sie auch einmal zu Fuß“, heißt es dort. SPD-Verkehrsexperte Bodo Wißen forderte Wittkes Rücktritt. ANDREAS WYPUTTA