Kirche droht Spaltung

Die Bestätigung eines schwulen Bischofs im Amt sorgt in der US-Episkopalkirche New Hampshire für Aufregung

WASHINGTON taz ■ Es war nur eine E-Mail. Doch ihre Nachricht schlug auf der Generalversammlung der amerikanischen Episkopalkirche wie ein Blitz ein. Wenige Stunden bevor die hohen Geistlichen V. Gene Robinson als ersten bekennenden schwulen Bischof der weltweiten Anglikanerkirche bestätigen wollten, wurde schwere Vorwürfe gegen ihn laut. Er soll einen jungen Mann sexuell belästigt haben und eine schwullesbische Homepage unterstützen, die Links zu Pornoseiten anbietet.

Der Zeitpunkt der Enthüllung überrascht. Der 56-Jährige war am Sonntag in einem Votum der Bischofskonferenz zum Oberhirten der Diözese New Hampshire im gleichnamigen Bundesstaat nominiert worden, in der er 16 Jahre als stellvertretender Bischof diente – eine Entscheidung, deren Tragweite für die rund zwei Millionen Mitglieder der US-Episkopalgemeinde und deren anglikanische Mutterkirche noch nicht abzusehen ist.

Robinson, der 13 Jahre mit einem Mann zusammenlebt und zwei Töchter aus einer geschiedenen Ehe hat, wurde im Juni von seiner Diözese zum Bischof ernannt. Laut Kirchenrecht braucht er den mehrheitlichen Segen der führenden Kleriker.

Zu den Anschuldigungen schweigt Robinson. Seine Unterstützer nannten die Vorwürfe eine „verzweifelte Verzögerungstaktik“. Sie wittern Rufmord seiner Widersacher. Deren Aufrufe, seine Bewerbung zurückzuziehen, hatte er abgelehnt. Seither drohen klerikale Hardliner mit einer Kirchen-Spaltung.

Auch Gegner in der anglikanischen Kirche wollen bei einer Ernennung Robinsons die Verbindung zur Episkopalgemeinde kappen. Diese liefe bei einem Exodus konservativer Geistlicher Gefahr, durch interne Kämpfe über Eigentum und Finanzen geschwächt zu werden.

Der Kirchenstreit kommt zu einer Zeit, in der die Debatte über die Rechte Homosexueller in den USA erneut entbrannt ist. Nachdem Kanada die Schwulen-Ehe legalisierte und der Oberste Gerichtshof der USA die so genannten Antisodomiegesetze abschaffte und damit die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellem Sex, drängt die christliche Rechte auf ein Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehegemeinschaft. In ihren Augen bedeutet ein schwuler Bischof einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Homo-Ehe.

Bis Freitag muss die episkopale Bischofskonferenz über Robinsons Bestätigung entscheiden. Gefragt, was er zu tun gedenke, sollte er nicht bestätigt werden, antwortete Robinson: „Ich werde das mit Gott besprechen.“ MICHAEL STRECK