SPD fordert „Offensive gegen Frauenhandel“

Innenausschuss-Mitglieder nach Osteuropareise: Vor allem Nicht-EU-Länder sind „wenig problembewusst“

BERLIN taz ■ „Wir können uns doch freuen, dass unsere hübschen Frauen im Ausland so begehrt sind“, sagte der russische Beamte. Vor ihm saßen vier Mitglieder des Innenausschusses mitsamt der Vorsitzenden Cornelie Sonntag-Wolgast und wollten erkunden, wie sensibel die Behörden in Sankt Petersburg mit dem Thema Frauenhandel umgehen. In der Region in und um das ehemalige Leningrad stießen sie auf Menschen, die sich über den Menschenhandel entweder freuten oder aber das unangenehme Thema wortreich zu umschiffen suchten. „Die Regierungsseite verhielt sich ausweichend und ablenkend“, fasste Sonntag-Wolgast gestern nach der Rückkehr von der Reise vorsichtig zusammen. Auch die wenigen NGOs, die sich in dieser Region mit der Aufklärung junger Frauen und der Betreuung von Rückkehrerinnen beschäftigen, seien „nicht immer wirklich professionell“, so ihr Resümee.

Die Delegation hatte auch die baltischen Staaten Lettland und Litauen besucht. Insbesondere aus Litauen kommen überdurchschnittlich viele Frauen, die das BKA in Deutschland als Opfer von Menschenhandel zählt. Dort würden etwa Lautsprecherwagen durch die Dörfer fahren und junge Frauen für Jobs im Ausland anwerben, so wurde den Parlamentarierinnen berichtet. Andere kämen über Au-pair-Organisationen nach Deutschland. Hier würde ihnen dann eröffnet, ihr Job sei schon besetzt, sie hätten jedoch ihre Reisekosten abzuarbeiten. Etwa 500.000 junge Frauen aus Osteuropa würden jährlich in den Westen gehandelt, so die Schätzung des BKA.

Im Gegensatz zu Russland hätten die baltischen Staaten das Problem durchaus erkannt, meint Sonntag-Wolgast. Hier seien „nationale Aktionspläne“ angelaufen und die Gesetzgebung sei verschärft worden. Auch die deutsche Innenpolitik trägt etwas dazu bei, die Behörden vor Ort zu sensibilisieren. 60 Verbindungsbeamte des BKA sitzen in den deutschen Botschaften weltweit und versuchen, sowohl Aufklärung und Fortbildung in den Ländern voranzutreiben als auch zum Schutz einzelner Rückkehrerinnen und ihrer Familien beizutragen. Das Familienministerium versucht, über die Botschaften und NGOs Aufklärungsbroschüren unters Volk zu bringen. Der Innenausschuss will nun vor allem darauf hinwirken, dass zwischen „Abnehmer- und Lieferstaaten“, so Sonntag-Wolgast, noch enger kooperiert wird, um sowohl die Aufklärung als auch die Rückführung der Frauen zu verbessern.

Den bayerischen Vorstoß im Bundesrat, die Freier von Zwangsprostituierten in Deutschland zu bestrafen, lehnten die SPD-Parlamentarierinnen dagegen unisono ab. „Wir wollen die Prostitution nicht wieder kriminalisieren, das halten wir für den falschen Weg“, so die Abgeordnete Marga Elser. Den Einwand, dass man doch nur Freier von Zwangsprostituierten kriminalisiere, und zwar ebenso, wie es mit Kunden von Kinderprostituierten geschehe, fand die Gruppe nicht überzeugend.

HEIDE OESTREICH