Südafrikas Aidsaktivisten verlieren die Geduld

Auf der Aidskonferenz in Durban bewegt sich die Regierung nur minimal, was die Behandlung von Aidskranken angeht

JOHANNESBURG taz ■ Südafrikas Regierung ist auf der ersten nationalen Aidskonferenz in Durban nicht von ihrer zögerlichen Haltung zur Einführung von Anti-Aids-Medikamenten abgewichen. Auch zum möglichen Rückzug des Medikaments Nevirapin vom südafrikanischen Markt hat es auf dem dreitägigen Treffen, das gestern zu Ende ging, keine klare Botschaft gegeben. Der „Medizinische Kontrollrat“ Südafrikas hatte vor Beginn der Konferenz angekündigt, das Medikament, das die Übertragung des Aidsvirus im Mutterleib stoppen soll, wieder abzusetzen. Jetzt erklärte der Rat, er habe keine Zweifel an Nevirapin an sich, aber es gebe eine formale Unzulänglichkeit im Zulassungsprozess.

Auch der Streit zwischen Aidsaktivisten und der Regierung um die Umsetzung eines nationalen Behandlungsplans für Aidskranke geht weiter. Die Regierung sagte auch dazu nichts. Dr. Ayanda Ntsaluba, Direktor des nationalen Aidsprogramms, erklärte allerdings zum Abschluss der Tagung, es gehe nicht mehr darum, ob Anti-Aids-Medikamente zugelassen werden, sondern wann. Eventuell ist das ein Fortschritt. Nach Meinung der Aidsaktivisten der starken Lobbygruppe Treatment Action Campaign (TAC) ist der Zeitpunkt zur allgemeinen Einführung von Medikamenten längst überfällig. „Es liegt klar auf der Hand, was zu tun ist“, sagt Siphokazi Mthathi, Beraterin der Aktivistengruppen. „Anti-Aids-Medikamente sind ein erster Schritt. Sicherlich kännen wir dann von der Forschung auch noch lernen.“ Zu Nevirapin gebe es keine Zweifel, meint sie: „Lokale und internationale Studien haben bewiesen, dass eine Behandlung mit dem Medikament sicher ist und die Übertragung des Virus von Mutter zu Kind reduziert.“ In Südafrika erhalten bisher nur zehn Prozent aller HIV-infizierten schwangeren Frauen Nevirapin, obwohl ein Gericht im vergangenen Jahr die landesweite Anwendung verlangt hat.

TAC hat nun beschlossen, die bis vor wenigen Wochen landesweit stattfindenden Aktionen des zivilen Ungehorsams wieder aufzunehmen. In Südafrika sterben mehr als 600 Menschen täglich an Aids. Von 43 Millionen Einwohnern sind etwa fünf Millionen infiziert. „Wir halten der Regierung zugute, das es schwierig ist, einen umfassenden Plan zur landesweiten Behandlung umzusetzen“, sagt Mthathi. „Aber wir müssen irgendwo anfangen.“

Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang zog sich indes auf Einzelpunkte wie Bekämpfung der Armut und Verbesserung der Ernährung zurück. Mangelnden politischen Willen der Regierung beklagte auch Kapstadts Erzbischof Njongonkulu Ndungane. „Die Zurückhaltung der Regierung in dieser Frage ist eine Schande und ebenso ernst zu nehmen wie die Apartheid“, sagte er.

MARTINA SCHWIKOWSKI

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