„Cap Anamur“ an der Kette

Die Odyssee des Rettungsschiffs „Cap Anamur“ geht zu Ende, die sudanesischen Flüchtlinge dürfen an Land. Dann wird das Schiff beschlagnahmt, und die Flüchtlingshelfer werden verhaftet

BERLIN taz ■ Die Odyssee des deutschen Flüchtlingsschiffs „Cap Anamur“ vor der sizilianischen Küste ist zu Ende. Nach langem politischem Zuständigkeitsgerangel zwischen den Regierungen von Italien, Malta und Deutschland bekam das Schiff gestern die Erlaubnis, den italienischen Hafen Porto Empedocle anzulaufen. Doch dann wurde die „Cap Anamur“ am Abend nach Angaben des „Komitees Cap Anamur“ von den italienischen Behörden beschlagnahmt. Der Kapitän und Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel wurden nach längerem Verhör in Polizeihaft genommen: Wegen Begünstigung illegaler Einwanderung.

Die 37 Afrikaner aus dem Sudan und Sierra Leone, die der Kapitän der „Cap Anamur“ vor drei Wochen an Bord genommen hatte, durften an Land gehen. Das weitere Schicksal der afrikanischen Schiffbrüchigen, die mit einem Schlauchboot in Libyen gestartet waren, bleibt jedoch ungewiss. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR begrüßte die Entscheidung Italiens, die Flüchtlinge an Land zu lassen. Sie sollten nun medizinisch versorgt und identifiziert werden. Auf Wunsch könnten sie in Italien einen Asylantrag stellen.

Ein Sprecher von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) betonte, dass für die Entscheidungen ausschließlich Italien als aufnehmendes Land zuständig sei. Die an Bord der „Cap Anamur“ gestellten Anträge auf Asyl in Deutschland seien irrelevant.

Mehrere Grünen-Politiker kritisierten dagegen die abwartende Haltung der Bundesregierung. „Es wäre höchste Zeit gewesen, zu sagen: Diese Flüchtlinge übernehmen wir“, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Claudia Roth, der taz. Beim Umgang mit Flüchtlingen in Not dürfe man „nicht nur legalistisch argumentieren“.

Deutschland hätte sich durchaus bereit erklären können, die Sudanesen aufzunehmen, so Roth. Das lange „Geschacher“ um die Flüchtlinge sei „zutiefst unmenschlich“ und vor dem Hintergrund der humanitären Katastrophe im Sudan „besonders zynisch“ gewesen. „Es wäre besser gewesen, wenn Deutschland signalisiert hätte, wir sind bereit“, sagte auch Fraktionsvize Christian Ströbele.

Grünen-Chefin Angelika Beer sagte der taz, die EU müsse „ein Regularium finden, damit Länder wie Italien nicht allein gelassen werden“. Um die Aufnahme von Flüchtlingen zu erleichtern, sollte es „eine Lastenverteilung auf alle europäischen Länder“ geben. LUKAS WALLRAFF

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