Arbeitsamt Süd schafft sechs Jobs

Weil die Behörde ahnt, dass kaum jemand die Anträge fürs Arbeitslosengeld II kapiert, bildet sie Berater aus. Das halbe Dutzend soll türkisch und arabisch sprechenden MigrantInnen erklären, wie sie ihr Vermögen korrekt offen legen

Die Arbeitsämter ahnen, dass niemand die von ihnen umzusetzende Reform versteht – und bereiten sich sicherheitshalber darauf vor, die neuen Anträge für das Arbeitslosengeld II zu erklären. Brigitte Zabel von der Agentur für Arbeit Berlin-Süd schwant: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen die Anträge nicht alleine ausfüllen können und Hilfe benötigen.“

Vor allem trifft es natürlich Antragsteller, die wenig oder nicht perfekt deutsch sprechen – Behördendeutsch könnte sie vollends verwirren. Deswegen bekommen türkisch oder arabisch sprechende Arbeitslose vom Arbeitsamt Süd jetzt Hilfe, wie sie ihr gesamtes Vermögen penibel und gesetzlich korrekt offen legen können – in Gestalt von sechs offiziellen BeraterInnen, die dolmetschen. „Haben Sie ein Häuschen in der Türkei oder Schmuck?“, fragt Zabel als Beispiel.

In Neukölln und Treptow-Köpenick rechnen die Behörden mit knapp 45.000 Empfängern von Arbeitslosengeld II, davon sind rund 10.000 türkischer oder arabischer Herkunft. Bezieher von Arbeitslosenhilfe mit Migrantenhintergrund müssen sich ab Januar auf die Hartz-IV-Realität einstellen, der Antrag sollte bis Oktober ausgefüllt sein. Für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger gibt Kundenbereichsleiterin Zabel Entwarnung: „Für die ist das nicht so kompliziert, da ändert sich nicht viel.“

Eine der neuen Servicestellen ist die Bequit GmbH. Sie wird in Kooperation mit dem Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg e.V. Beratung für arbeitslose Migranten anbieten. Die sechs MitarbeiterInnen können auf Türkisch oder Arabisch beim Ausfüllen des 14-seitigen Antrags helfen. Eine davon, Yeliz Aksoy, sagt: „Es ist wichtig, dass auch die, die kein Deutsch können, die gleichen Informationen bekommen.“

Besonders in Kreuzberg oder Wedding wäre eine Beratung für nicht deutsch sprechende Antragsteller ebenfalls sinnvoll. Die zuständigen Arbeitsagenturen haben aber noch keine ähnlichen Programme bekannt gegeben. Hilmi Kaya Turan, Vorstandmitglied des Türkischen Bundes, sagt: „Das Vorgehen des Arbeitsamtes Süd wird Schule machen.“ Der Türkische Bund hat bereits Anträge für weitere Serviceangebote gestellt.

Die anderen Bezirke setzen bis jetzt auf Hilfestellung innerhalb der Arbeitsagenturen. Zabel versichert aber: „In Berlin ist gewährleistet, dass alle Beratung bekommen.“ Turan hofft jedoch auf mehr Unterstützung für Arbeitslose mit Migrationshintergrund. „Es geht uns um Hartz IV insgesamt“, sagt das Vorstandsmitglied des Türkischen Bundes. „Nicht nur in Ostdeutschland, auch bei Migranten ist die Arbeitslosigkeit besonders hoch.“

VERENA HEYDENREICH

Beratung auf Türkisch und Arabisch gibt es in der Hobrechtstr. 55, 12047 Berlin. Telefonische Anmeldung unter: 69 50 65-80 oder -81