Waldbrände wüten weiter in Portugal

Nach zwei Wochen Feuer wächst die Kritik an der Regierung. Neben Dürre sind auch Brandstifter am Werk

BERLIN taz ■ „Der Staat existiert nur zur Unterstützung von Business; als Struktur zur Unterstützung der Bürger ist er eine reine Fiktion“, schreibt die portugiesische Wochenzeitung Expresso bitter. „Jeder Portugiese ist sich heute mehr denn je bewusst, dass er in der Stunde der Wahrheit auf sich selbst angewiesen ist, auf die Nachbarn und auf die Opferbereitschaft tausender Feuerwehrleute.“ Anlass für die Empörung des Expresso sind die Waldbrände, die in Portugal seit zwei Wochen mit unveränderter Heftigkeit wüten und deren die Regierung nicht Herr wird.

Gestern früh bekämpften die Feuerwehrleute 17 Brandherde, in der Nacht davor hatte es zeitweise an 25 Stellen gebrannt. Betroffen waren vor allem die Provinzen Guarda und Castelo Branco in Zentral- und Ostportugal. Seit Beginn der Brände sind 15 Menschen ums Lebens gekommen, insgesamt sind 162.000 Hektar Flächen verbrannt, davon 1.000 Hektar Wald.

Als Grund für die Brände wird nicht nur die anhaltende Hitze und damit verbundene Dürre angegeben; die Behörden vermuten, dass rund ein Drittel auf Brandstiftung zurückgehen. Der Generaldirektor der Kriminalpolizei, Adelino Salvado, sprach von einer „Ökonomie des Rauches“. 26 mutmaßliche Brandstifter sind bereits festgenommen worden, die Kriminalpolizei hat 400 Beamte eingesetzt, um Brandstiftungen zu verhindern bzw. aufzuklären. Die Kriminalpolizei erklärte, sie wolle eine Untersuchung über die möglichen Hintermänner der Brandstifter einleiten. Mögliche Nutznießer von Waldbränden könnte die Papierindustrie sein, die verkohltes Holz erheblich verbilligt aufkauft.

Neben Kritik an der Regierung äußert die portugiesische Presse auch Klagen über mangelndes Umweltbewusstsein der Bevölkerung. „Wir sind ein Volk ohne Sensibilität und Informationen über den Umweltschutz“, klagt die Tageszeitung Terras da Beira. Die demokratisch gewählten Regierungen hätten sich nie um den Umweltschutz gekümmert. Vorhandene Regelungen würden nicht beachtet. Deshalb seien nun Stimmen zu hören, die sich nach Sicherheit und Ordnung in der Zeit des Diktators Salazar zurücksehnten.

Die portugiesische Regierung hat unterdessen Forderungen der Feuerwehrleute zurückgewiesen, den nationalen Notstand auszurufen. Sie kündigte an, dass sie 50 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden bereitstellen wolle und dass sie die Europäische Kommission um einen Finanzhilfe bitten werde, und erklärte, die USA hätten eine finanzielle Hilfeleistung für die Brandschäden angekündigt.

ANTJE BAUER