Freiheit für die „Cap Anamur“!

Breite Empörung über die Verhaftung der Verantwortlichen von Cap Anamur. Politiker fordern Freilassung. Wiefelspütz (SPD): Schily soll einige der Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen

BERLIN taz ■ Die Verhaftung der deutschen Flüchtlingshelfer der „Cap Anamur“ und die Beschlagnahme ihres Schiffes durch die italienischen Behörden hat in Deutschland Empörung ausgelöst. Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), forderte die sofortige Freilassung von Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel, Kapitän Stefan Schmidt und einem weiteren Besatzungsmitglied. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die Crew bestraft werde, weil sie Menschen, die in große Not geraten seien, helfen wollte, sagte Wieczorek-Zeul.

Die italienischen Behörden werfen den drei Deutschen Begünstigung von illegaler Einwanderung vor. Erst nach einem dreiwöchigen Tauziehen zwischen den Regierungen von Malta, Italien und Deutschland hatte Italien der „Cap Anamur“ am Montag erlaubt, mit 37 afrikanischen Schiffbrüchigen an Bord den sizilianischen Hafen Porto Empedocle anzulaufen.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth, sprach von einer „zynischen Odyssee der Unmenschlichkeit“ und sagte der taz: „Die ,Cap Anamur‘ zu kriminalisieren ist aberwitzig.“

Eine Sprecherin von Außenminister Joschka Fischer teilte mit, der deutsche Botschafter in Rom habe wegen der Verhaftung der drei Deutschen „Kontakt mit dem italienischen Außenministerium aufgenommen“.

Das Verhalten von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der eine Aufnahme der Schiffbrüchigen in Deutschland kategorisch abgelehnt hatte, stößt inzwischen auch in den eigenen Reihen auf Kritik. „In solchen Fällen ist praktische, internationale Solidarität gefordert und nicht kleinliche Erbsenzählerei“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, der taz. „Vor dem Hintergrund dieser menschlichen Tragödie wirken die Äußerungen des Innenministeriums extrem herzlos.“ Trotz der rechtlichen Zuständigkeit der italienischen Behörden hätten Deutschland oder andere europäische Länder ihre Hilfe anbieten können, sagte Wiefelspütz. „Niemand verbietet es dem deutschen Innenminister, zu sagen, wir nehmen zumindest einen Teil der Flüchtlinge auf.“

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR gab gestern bekannt, die „Cap Anamur“ habe bei ihrer Rettungsaktion im Mittelmeer möglicherweise internationale Standards verletzt. So soll das Schiff einen mehrtägigen Zwischenstopp in Malta eingelegt haben, ohne die dortigen Behörden über die Flüchtlinge an Bord zu informieren. LUKAS WALLRAFF

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