montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Neulich war ich auf den Malediven. Oder war es Mallorca? Ich weiß es nicht mehr, denn sobald ich Urlaub, Ferien und Freizeit habe, schalte ich ab, denke ich nichts, will nichts mehr wissen von den großen Fragen unserer Zeit, die in Wirklichkeit klein-klein sind. Reform, Reform, Reform – ruft es aus dem Blätterwald der deutschen Zeitungen. Plötzlich bricht Hans Eichel mit immer neuen Vorschlägen durchs Unterholz des Steuerdickichts. Deshalb ziehe ich jedes Jahr eine Sandburg um das Sommerloch. Schon 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte, war ich im Urlaub. Ich fuhr frei wie ein Rebell in den Süden, den Daumen nackt im Wind. Damals hassten wir noch die Putzfraueninsel Mallorca. Denn die Massentouristen waren „die Sterne im dunklen Himmel unseres Herzens“, wie der belgische Pop-Philosoph Spinoza uns lehrte. Heute liegt Mallorca für mich im Neuen Mittelmeer. Auch wenn ich auf die Malediven fliege, düse, jette. Nur hier kann ich das Sommerloch einen guten Mann sein lassen.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.