Die riskante Lust auf Häuser und Büros

Immobilienfonds sind zurzeit der Renner unter den Geldanlagen. Sie versprechen viel – halten voraussichtlich wenig

HAMBURG taz ■ Die Finanzmärkte investieren kräftig in die nächste Spekulationsblase. Nach dem Ableben des Neuen Markts und der blinden Börsenbegeisterung sind offene Immobilienfonds der Renner der Geldbranche. Jeder zweite Euro, den hiesige Sparer in einen Publikumsfonds anlegen, fließt mittlerweile in Häuser, Büros und Einkaufszentren. Über 12,2 Milliarden Euro sammelten die 24 Immo-Fonds allein im ersten Halbjahr neu ein. Das frühere Sorgenkind mausert sich zum flotten Sprinter, der die ganze Branche mitreißen soll.

Die Anlagepalette der Fonds reicht von Windkraftanlagen an der deutschen Nordseeküste bis zu amerikanischen Wolkenkratzern. Über 70 Prozent werden freilich in Büroimmobilien angelegt. Zum Verkaufsschlager wurden in jüngster Zeit diverse Auslandsfonds, neben den USA sind auch die Niederlande und sogar Osteuropa populär.

Trotzdem seien Immo-Fonds „eine wertstabile und sichere Anlage“, verspricht ein Sprecher des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) in Berlin. Und selbst die – allerdings grundsätzlich investmentfreudige – Stiftung Warentest lobt die Immobilienfonds als „so solide“. Immerhin hat die Immo-Szene noch kein einziges Geschäftsjahr mit Verlust abgeschlossen, und dies seit der ersten Zulassung im Jahre 1959.

Tatsächlich überzeugen die historischen Renditen auf den ersten Blick. Selbst für das durchaus schwierige vergangene Jahr zeigt der Deutsche Immobilien Index eine Rendite von 4,2 Prozent, und über einen Zeitraum von 30 Jahren liegt der jährliche Wertzuwachs laut Verbandsangaben bei soliden 5,6 Prozent, von denen allerdings Gebühren abzuziehen sind. Weniger solide sind dagegen die zurzeit grassierenden Werbesprüche von Banken und Sparkassen, die frech weit über 6 oder sogar 8 Prozent versprechen.

Die plötzliche Lust auf Häuser und Büros resultiert aus der Börsenschwäche seit März 2000, die die Anleger zur Suche nach einem sicheren Hafen auf dem Kapitalmarkt getrieben hat, und aus Zinssätzen, die sich teilweise auf dem niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg bewegen. Inzwischen hat das frühere Stiefkind der Investmentbranche über 83 Milliarden Euro eingesammelt. „Aber wohin damit?“, fragen Beobachter.

Zwar konnten die Fonds bislang die hereinbrechende Geldlawine noch weitgehend in Immobilien anlegen, aber viele der nagelneuen Einkaufscenter, Hotelanlagen und Bürotürme könnten sich bald als Investitionsruinen entpuppen. Viele Städte klagen über dramatisch zunehmende Büroleerstände und sinkende Immobilienwerte. Wenn in drei, vier Jahren viele Mietgarantien auslaufen, könnte so manche Fondsblase platzen. Ähnliches könnte auch passieren, wenn die Anleger ganz einfach plötzlich die Lust auf Immobilien wieder verlören.

Vorsichtshalber fliehen die Fondsmanager ins Ausland, wo bereits mehr als die Hälfte der Liegenschaften ruht. Dort pusten sie allerdings nur in eine weitere Spekulationsblase, denn in Spanien, Großbritannien und den USA sind die Preise im vergangenen Jahr um bis zu 20 Prozent gestiegen.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich spricht von einem „Auftrieb der Preise“ und fürchtet eine „gewisse Eigendynamik“. Im Klartext: Es droht das Platzen einer Spekulationsblase. Und zumindest in den USA hängt die Konjunktur vor allem am Tropf des Immobilienbooms.

HERMANNUS PFEIFFER