Stoiber lässt Hohlmeier im Amt – vorerst

Nach ihrem angekündigten Rücktritt als Münchner CSU-Chefin gerät Strauß-Tochter Monika Hohlmeier weiter unter Druck. Weil sie innerparteiliche Gegner mit privaten Dossiers erpresst haben soll, fordern SPD und Grüne ihre Ablösung auch als Ministerin

AUS MÜNCHENJÖRG SCHALLENBERG

Natürlich war Monika Hohlmeier als Erste da. Auf der Fahrt vom Bezirksvorstand der Münchner CSU zur anschließenden Pressekonferenz hängte die noch amtierende Münchner CSU-Chefin und bayerische Kultusministerin am Montag alle Parteikollegen ab. Fröhlich lachte sie dann auf dem Parkplatz den wartenden Journalisten entgegen, dirigierte die nach und nach heranbrausenden CSU-Vorständler mit großer Geste in die Parklücken, eilte aufs Podium und verkündete, die Affäre um gefälschte Wahlen der Münchner CSU sei beendet.

Was für ein Auftritt. Was für eine Farce. Denn zu diesem Zeitpunkt war Hohlmeier zumindest als CSU-Bezirkschefin bereits eine „dead woman walking“, wie ein Vorstandsmitglied der Süddeutschen Zeitung erzählte – also eine zum Tode Verurteilte auf dem Weg zur Hinrichtung. Die drastischen Worte verraten einiges über die aufgeheizte Stimmung, die bei den Krisentreffen der Münchner CSU in den vergangenen Tagen herrschte – und die schließlich am Dienstagabend in der Rücktrittsankündigung Hohlmeiers als Bezirkschefin gipfelte. Drei Stunden vor ihrem Abgang hatte sie auf die Frage, ob sie Münchner CSU-Chefin bleiben wolle, noch mit Ja geantwortet. Doch da war das Fass bereits übergelaufen.

Am Wochenende hatten mehrere an den Manipulationen der CSU-Wahl Beteiligte Hohlmeier bereits vorgeworfen, selbst in die Affäre verwickelt oder gar eine „Drahtzieherin“ zu sein. Mehrere Mitglieder des Bezirksvorstandes kritisierten, dass die Strauß-Tochter weder klar zu ihren möglichen Verwicklungen Stellung bezogen noch ausreichend für Aufklärung gesorgt habe.

Als Hohlmeier immer mehr unter Beschuss geriet, reagierte sie offenbar so, wie es ihr Bruder Max Strauß einmal als probate Strategie der ganzen Familie erklärt hatte: „Auf Druck reagieren wir mit Gegendruck.“ Wie mehrere Münchner Zeitungen übereinstimmend berichten, soll Hohlmeier bei einer Vorstandssitzung einen grünen Plastikordner auf den Konferenztisch gelegt haben und das mit den Worten: „So, gegen jeden von euch gibt es was“, kommentiert haben. Sitzungsteilnehmer berichteten, dass Hohlmeier gedroht habe, Dossiers gegen innerparteiliche Gegner zu verwenden. Außerdem habe sie andere Vorstandsmitglieder der Münchner CSU auf angebliche Eheprobleme angesprochen und die Frau des Landtagsabgeordneten Ludwig Spaenle attackiert, der zu ihren heftigsten Kritikern zählt. Er bestätigte gestern auf Nachfrage, dass er privat unter Druck gesetzt worden sei und Bemerkungen über seine Frau gefallen seien. Hohlmeier selbst wies in einem Radiointerview alle Vorwürfe zurück: „Das stimmt nicht. Wenn Spaenle so etwas sagt, finde ich das unerträglich.“

Sollten sich die Vorwürfe aber erhärten, dann wäre Hohlmeier wohl auch als Kultusministerin nicht mehr zu halten. SPD und Grüne forderten während einer heftigen Debatte im Landtag gestern bereits ihren Rücktritt. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause warf Hohlmeier „moralisches Versagen“ vor und erklärte, wer seine Gegner zu erpressen versuche, könnte „nicht länger für die Erziehung von Schülerinnen und Schüler verantwortlich sein“. Ministerpräsident Edmund Stoiber stellte sich einstweilen hinter Hohlmeier und sagte: „Sie wird weiter eine erfolgreiche Kultusministerin bleiben.“ Allerdings räumte er im Hinblick auf die Erpressungsvorwürfe ein: „Das sind Anschuldigungen, die ich im Moment nicht beurteilen kann.“

Stoiber hatte sich bereits am Wochenende in die Vorgänge in der Münchner CSU eingemischt, als er seinen Generalsekretär Markus Söder zu den Vorstandsgesprächen schickte. Dort legten ihm, schreibt die Abendzeitung, Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete aus München eine Art Misstrauensantrag gegen Hohlmeier vor. Als die Stimmung eskalierte und Hohlmeier sich weigerte, den Landtagsabgeordneten Joachim Haedke als mutmaßlichen Initiator der Wahlbetrügereien aus der Partei auszuschließen, sollen Stoiber, Söder und Hohlmeier sich auf einen Rücktritt im Herbst geeinigt haben. Doch durch eine Indiskretion, so die Abendzeitung, sei der Plan am Dienstag publik geworden – und Hohlmeier war zum schnellen Reagieren gezwungen. Ihre offizielle Begründung, sie trete wegen Arbeitsüberlastung zurück, fand da nicht nur SPD-Fraktionschef Franz Maget „lachhaft“. Aber wenn es das Problem je gab, könnte es bald gelöst sein. Gut möglich, dass auch die Ministerin Hohlmeier dann nichts mehr zu tun hat.