Heimkino und Roadmovie im Doppelpack

„Ein Platz für die Keramik“: Jana Grzimek, Tierfilmer-Enkelin und Fayencekünstlerin, sucht Interessenten für ihre „Deutschen Zimmer“. Derzeit sind ihre Arbeiten in der Städtischen Galerie am Buntentor ausgestellt, zusammen mit Kaya Theiss’ PopArt-inspirierten Figuren

Nein, eine „Keramik-Künstlerin“ oder gar eine „Keramikerin“ sei sie nicht. „Ich kann es nicht mehr sehen, es ist so aufwändig, das ganze Zeug herumzuschleppen“. Jana Grzimek, Enkelin des Tierfilmers Bernhard („Ein Platz für Tiere“) und Tochter des Bildhauers Waldemar, hat keine Lust mehr auf Keramik.

Doch vorher will sie das 123 Keramiken zählende Fayence-Projekt „Deutsche Zimmer“ noch verkaufen. Zu diesem Zweck steht es nun in der Städtischen Galerie. „Aber es muss im Ganzen verkauft werden. Sonst verschenk ich es.“

Jana Grzimek ist in Bremen keine Unbekannte. Man stößt auf ihre Werke im öffentlichen Raum, zum Beispiel in der Katharinenpassage („Adam und Eva“) oder im Parkhaus am Brill: „Die sieben Todsünden“. Jetzt stellt sie zusammen mit Kaya Theiss aus, ihrer Studienkollegin aus der Zeit an der Bremer HfK.

Die 39-jährige Nicht-Keramikerin, eine Bildhauerin, arbeitet mittlerweile in Berlin. Fast ein Jahr hat sie sich mit ihrem Fayence-Projekt „Deutsche Zimmer“ auseinander gesetzt. Fayence ist eine Technik zur Herstellung von Keramiken: Weiße Glasur auf rotem Ton wird bunt bemalt, wobei die Bemalung in die Glasur erfolgt, also vor dem Brennen des Tons. Die „Deutschen Zimmer“ (Küche, Bad, Ess- und Kaminzimmer) sind eingerichtet mit Vasen, Kelchen, Tellern, Kerzenständern, Suppenschüsseln, Eierbechern und Schirmständern – Skulpturen. Jana Grzimek legt Wert darauf, dass ein Teller nicht nur Gebrauchsgegenstand ist.

Jedes Objekt mit seiner karikativen Bemalung und zappeligen Ornamentik erzählt etwas – und lässt Grenzen verschwimmen. Ernst wird Witz, wenn man Adolf Hitler im Esszimmer auf der Suppenschüssel entdeckt und Witz wird Mord, wenn die Blutflecken im Bad nicht von der Rasur, sondern vom Köpfen des Liebsten stammen. Geschichten erzählt Jana Grzimek auf jedem der 123 Stücke, die im Ganzen ein kleines Heimkino bilden.

Dagegen ähneln die Arbeiten ihrer Kollegin Kaya Theiss eher einem Roadmovie – in Öl. „Beifahrer“ nennt sie die knallbunten großformatigen Gemälde, die wirken, als hätte sie sie reichlich mit grellem flüssigem Zucker begossen.

Pop-Art auf dem Weg zurück zu den Wurzeln der Malerei? Die in Washington geborene Künstlerin belebt den plakativen, um nicht zu sagen flachen Charakter der 50er Jahre Vorbilder. Kaya Theiss porträtiert auf der Rückbank sitzende Männer und Frauen vom Kaliber Lara Croft oder Karl Lagerfeld. Und schaftt es, die oberflächlichen Werbe-Ikonen dabei in Kühlerfiguren jenseits von Kitsch und Kommerz zu verwandeln. Hannes Krug

„Deutsche Zimmer“: Keramiken von Jana Grzimek und „Beifahrer“: Malerei von Kaya Theiss sind bis zum 31. August in der Städtischen Galerie im Buntentor zu sehen