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: Was kommt nach Marzahn?

Wer halb Marzahn abreißen will, wie Bausenator Strieder es jetzt vorgeschlagen hat, dem bläst der Wind voll ins Gesicht: Widerstand kommt von den sozialistischen Plattenbaufans, Gegenwind von den Mietervereinen, Dresche aus der rechten politischen Ecke, ein dreckiger Lacher von den Grünen. Das gehört zum Geschäft. Trotzdem wird der Abriss-Senator nicht umhinkönnen, sich für ein anderes zu erklären: nämlich welches Konzept er für den Rückbau in der Tasche hat. Bisher hat er noch keines präsentiert, vielmehr vor dem Phänomen Schrumpfung lange die Augen verschlossen – und das Gegenteil herausposaunt.

Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Berlin, so Strieder gebetsmühlenartig, hat kein Schrumpfungs- und Abrissproblem. Die Plattenbaubezirke sind, im Unterschied zu den Leerstandsquartieren im Osten der Republik, mehr oder weniger stabil. Milliarden für Verhübschungen und Sanierungen bilden das Gegengift gegen Segregierungstendenzen.

Es ist gut, dass der Bausenator sein Credo revidiert hat. Nicht gut ist, keine Vorsorge für diesen Fall getroffen zu haben, obwohl schon lange das Phänomen Schrumpfung aus den neuen Ländern in die östlichen Bezirke schwappt. Marzahn leert sich. Die Bausubstanz und der Städtebau sind obsolet. Mit Samthandschuhen wurden ein paar Teilabrisse vorgenommen. Mehr nicht.

Während Leipzig oder Dessau bereits Konzepte für „das Danach“ entwickeln, sich eine Internationale Bauausstellung in Sachsen-Anhalt und Think-Tanks mit der städtebaulichen Sondersituation beschäftigen, fällt Strieder nun die eigene Ignoranz auf die Füße – in Form von Widerstand und – schlimmer noch – in Form von Ratlosigkeit: Abreißen ist einfach. Zu sagen, was wird, braucht eine Idee.