Koalitionskrach in Salzburgs Landesregierung

SPÖ-Landeshauptfrau setzt sich für Abtreibungen in öffentlichen Kliniken ein. Das stößt beim Partner ÖVP auf Kritik

WIEN taz ■ Kein Bühnenskandal erschüttert diesmal die sommerliche Festspielstadt Salzburg. Buhrufe setzt es diesmal anderswo. Während sich die internationale Schickeria bei „Jedermann“ und „Don Giovanni“ in Felsendom und Festspielhaus Bussis gibt, tobt in der Landesregierung der erste große Koalitionskrach.

Es geht um die von der SPÖ beabsichtigte Öffnung der Landeskrankenhäuser für den Schwangerschaftsabbruch. Die Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche ist in Österreich seit 30 Jahren erlaubt. In der Praxis ist es aber für Frauen oft schwierig, den Eingriff vornehmen zu lassen. Vor allem, wenn sie im Westen des Landes leben. In den besonders katholischen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg kann man nur in Privatkliniken abtreiben lassen. Das ist meist teuer. Viele Frauen in Notlage sehen sich daher gezwungen, nach Wien oder sogar bis Budapest zu fahren.

Die seit drei Monaten regierende Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, 40, will das jetzt ändern. Die smarte Sozialdemokratin, die der christlich-sozialen ÖVP bei den Landtagswahlen im März die Mehrheit abjagte, ließ nie einen Zweifel daran, dass sie sich in ihrer neuen Funktion für die Sache der Frau stark machen wolle. In der heiklen Frage des Schwangerschaftsabbruchs bekommt sie es aber nicht nur mit dem Erzbischof von Salzburg, sondern auch mit dem eigenen Koalitionspartner zu tun.

ÖVP-Chef Wilfried Haslauer zeigte sich über die Initiative empört. Seine Partei sei „gegen die Todesstrafe, gegen die Euthanasie und auch gegen die Abtreibung“. Im Frühjahr musste die einzige private Abtreibungspraxis in Salzburg wegen Infektionsgefahr geschlossen werden. Seither sondiert Burgstaller, die in der Landesregierung auch für Gesundheit zuständig ist, die Stimmung in den Krankenhäusern. „Ich finde es eine Zumutung, dass wir Frauen in dieser Situation im Regen stehen lassen. Es sollte keine Frage des Geldes sein, sondern eine der Unterstützung und Hilfeleistung.“

Öffentliche Spitäler bieten höchstes medizinisches Niveau. Da aber die alte feministische Forderung der Abtreibung auf Krankenschein unerfüllt bleibt, ist der Eingriff auch im Krankenhaus nicht gratis. Für den Landeshauptfrau-Stellvertreter Haslauer ist es „keine Aufgabe der öffentlichen Hand, aus Abtreibung ein Geschäft zu machen“.

Er weiß nicht nur die katholische Kirche, sondern auch die Bundesregierung hinter sich. Die konservative Salzburger Gesellschaft, so eine jüngst veröffentlichte Untersuchung, spricht sich allerdings zu 70 Prozent für Abtreibungen im Hospital aus.

Gabi Burgstaller hätte es in der Hand gehabt, mit der ersten rot-grünen Koalition ein Signal zu setzen. Sie zog es aber vor, den politischen Wechsel von einer breiten Mehrheit absichern zu lassen. Die Grünen unterstützen als einzige Partei im Landtag die Initiative und könnten die entscheidenden Stimmen liefern. Jetzt wollen sie die Landeschefin an ihren Taten messen. Martina Berthold von der Fraktion der Grünen fordert eine schnelle Lösung: „Wir sehen es nicht ein, dass gerade dieses Thema wieder einem Koalitionsfrieden geopfert wird!“ RALF LEONHARD