Heuschrecken fressen Ernte in Afrika auf

Landwirtschaftsminister aus neun Staaten suchen nach Strategien gegen die schlimmste Plage seit 15 Jahren. Sie fordern auch internationale Hilfe. Besonders betroffen ist Mali. Doch auch in Darfur könnten die Insekten alles noch schlimmer machen

AUS MONROVIA HAKEEM A. JIMO

In Nordwestafrika und der Sahelregion droht die schlimmste Heuschreckenplage seit 15 Jahren. Zurzeit suchen die Landwirtschaftsminister von neun betroffenen Ländern auf einer Konferenz in Algier nach der richtigen Strategie und vor allem internationale Hilfe. Angesichts der großen Bedrohung ganzer Landstriche müsse die internationale Gemeinschaft beim Zurückdrängen der Plage helfen, sagte Algeriens Regierungschef Ahmed Ujahia bei der Eröffnung des Treffens.

Die Heuschrecken haben bereits sechseinhalb Millionen Hektar in Mitleidenschaft gezogen. Gebiete in neun afrikanischen Ländern sind betroffen: Marokko, Mauretanien, Algerien, Mali, Senegal, Libyen, Burkina Faso, Niger und Sudan. Die Vereinten Nationen sprechen von der größten Bedrohung für Ernte und Vegetation in diesem Teil Afrikas seit 15 Jahren. Die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen, FAO, hatte bereits im Februar erste Warnungen herausgegeben. Damals stellte die FAO ungewöhnlich hohe Anzeichen der Vermehrung unter den Heuschrecken in den Brutstätten südlich des Atlas-Gebirge in Marokko und Algerien fest.

Ursprünglich aber nahm das Unheil bereits in den Sahelstaaten seinen Lauf. Bereits im Sommer vor einem Jahr begünstigte untypisch starker Regenfall eine hohe Vermehrung der Heuschrecken. Mit Beginn der heißen Trockenzeit flogen die Insekten in Richtung Norden über die Sahara nach Marokko und Algerien, wo sie ebenfalls gute Bedingungen für ihre Vermehrung antrafen. Nun sind sie auf dem Weg zurück – zu einem Zeitpunkt, an dem die Sahelregion der Regenzeit zugeht und die Landschaft für kurze Zeit grünt. Auch das begünstigt die Fortpflanzung der Tiere.

Eine Heuschrecke wiegt zwei Gramm – und frisst genauso viel Grünzeug jeden Tag. Weil in einem Schwarm ein paar hundert Millionen und manchmal auch mehrere Milliarden Insekten unterwegs sind, kann eine einzige Heuschreckenwolke so viel wie mehrere tausend Menschen verzehren. Die Fläche, die ein Schwarm einnimmt, reicht von weniger als einen Quadratkilometer bis hin zu mehreren hundert. Dabei fliegen in einem Schwarm mittlerer Dichte rund 50 Millionen Heuschrecken auf einen Quadratkilometer.

In Mauretanien sichteten die Behörden innerhalb des vergangenen Monats rund 50 Schwärme, in Mali seit April etwa 40. Der letzte große Anflug Mitte Juli hatte dort eine Größe von 15 Quadratkilometer und zählte 150 Millionen Insekten.

Der Kampf gegen die Plage fällt in den einzelnen Staaten unterschiedlich aus. Die verhältnismäßig reicheren Länder Marokko und Libyen hatten frühzeitig weite Flächen mit Insektengift besprüht. Das Hauptproblem liegt weiter südlich, hinter der Sahara. Die Regierung von Mali zum Beispiel rief vor zwei Jahren eine eigens auf den Kampf gegen Heuschrecken spezialisierte Einheit ins Leben. Aber es fehlt an allem: Geld, Ausrüstung und Personal.

Dabei könnte Mali bei der längsten Heuschreckenplage am schwersten betroffen werden, so Befürchtungen der Welternährungsorganisation. Dem schlimmsten Szenario zufolge müssen in dem Land 800.000 Hektar besprüht werden. Im Senegal liegen die Schätzungen bei bis zu 300.000 Hektar. Beide Länder rechnen im ungünstigsten Fall mit Kosten von jeweils zehn Millionen US-Dollar.

Die Krisenkonferenz in Algerien dürfte also auch dazu dienen, die Szenarien und erforderlichen Mittel in Einklang miteinander zu bringen. Die mauretanische Regierung sprach von notwendiger finanzieller Hilfe von über 80 Millionen US-Dollar, die Welternährungsorganisation geht von neun Millionen US-Dollar aus. So viel wurde den betroffenen Ländern auch an Hilfe zugesagt.

Die Heuschreckenschwärme könnten auch die Darfur-Region im Westen Sudans erreichen und die dortige, zurzeit weltweit schlimmste humanitäre Katastrophe weiter verschärfen.