Sellafield ab auf den Müll

Die Wiederaufbereitungsanlage im britischen Atomkomplex Sellafield wird 2010 geschlossen und zum Lager für radioaktive Abfälle umgebaut. Betreiberfirma hat 41 Milliarden Pfund Schulden

DUBLIN taz ■ Die Atomanlage Sellafield im Nordwesten Englands wird abgewickelt. Nachdem Calder Hall, der älteste Atomreaktor der Welt, bereits im März abgeschaltet wurde, soll auch die erst vor neun Jahren in Betrieb genommene gigantische Thermaloxid-Wiederaufbereitungsanlage (Thorp) stillgelegt werden, wenn alle Verträge erfüllt sind. Das wird voraussichtlich im Jahr 2010 sein. Zwei Jahre später schließt auch die alte Anlage für die Wiederaufbereitung der Magnox-Brennstäbe. Übrig ist dann lediglich eine Mischoxid-Anlage zur Herstellung von nuklearem Brennstoff. Das Ende von Sellafield, das seit dem Beginn der Plutoniumproduktion 1951 immer wieder durch Unfälle und gefälschte Sicherheitsberichte in die Schlagzeilen geraten ist, hat wirtschaftliche Gründe. Die Betreiberfirma British Nuclear Fuels (BNFL) ist bereits seit zwei Jahren bankrott. Das Unternehmen hat 41 Milliarden Pfund Schulden. Deshalb muss es das rund zehn Quadratkilometer große Sellafield-Gelände in zwei Jahren an die staatliche Atomabwicklungsbehörde abtreten, die als Gegenleistung die Verbindlichkeiten übernimmt.

BNFL will sich künftig als Atommüllabfuhr betätigen. Brian Watson, der Direktor von Sellafield, sagte, das Geschäft mit der Entsorgung von radioaktivem Abfall sei 30 Milliarden Pfund wert. Ein Endlager war in den Felsen unter Sellafield geplant, jedoch von der damaligen Tory-Regierung 1997 abgeblasen worden. Bereits damals musste die Firma zahlreiche Mitarbeiter entlassen. Es wird nicht die letzte Entlassungswelle gewesen sein. In Sellafield arbeiten 12.000 Menschen. Lediglich für ein Jahrzehnt sind ihre Jobs noch sicher, warnte eine Studie. Der Bürgerinitiative Cumbrians Opposed to a Radioactive Environment (Core) dauert das zu lange. Ihr Sprecher Martin Forwood sagte: „Wir würden uns freuen, wenn die Wiederaufbereitung früher eingestellt würde, als BNFL das will. Die dringend notwendigen Reinigungsarbeiten müssen so schnell wie möglich beginnen. Außerdem sind wir wütend. In der Planungsphase hat BNFL behauptet, dass die Sache ein Riesengeschäft werde, aber das haben sie nie zustande gebracht.“

RALF SOTSCHECK

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