De bello americano

„heute journal“-Moderator Claus Kleber hat sich persönlich auf den Schlachtfeldern der USA umgesehen: „Amerikas Kreuzzüge“ (20.15 Uhr)

VON HEIKO DILK

„Amerikas Kreuzzüge“ – da denkt man möglicherweise erst mal an George Bush, seine Religiosität und an dieses Selbstverständnis Amerikas, gottgesandt oder auserwählt zu sein, Kriege überall auf der Welt und insbesondere in islamischen Ländern zu führen. Und an den gern erhobenen Vorwurf, die USA verstünden sich als Heilsbringer.

Darum geht es allerdings in keinem der drei Teile von „Amerikas Kreuzzüge“, die das ZDF heute, am 8. und am 10. August zeigt. Es geht um die Situation in diesen Ländern nach Kriegsende. Dafür sind „heute-journal“-Moderator Claus Kleber und die Reporterin Angela Andersen mehrere Wochen durch Provinzen und Städte Afghanistans gereist, für Teil drei, „Irak – Die unerfüllte Mission“, waren ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner und ZDF-Reporter Jens Monath im Irak unterwegs, nicht um Anschläge, Aufstand und Terror zu zeigen, sondern um eher private Geschichten zu erzählen.

Afghanistan hat das ZDF gleich zwei Teile gewidmet, was vor allem deswegen erfreulich ist, weil man mittlerweile kaum noch darüber auf dem Laufenden gehalten wird, wie sich das Land in den zweieinhalb Jahren seit Kriegsende entwickelt hat. Kreuz und quer sind Kleber und Andersen durch Afghanistan gereist, sie haben mit armen Mohnbauern gesprochen, die den Rohstoff für drei Viertel der Weltheroinproduktion anbauen, sie haben Stammesführer getroffen, Händler auf dem Markt in Kabul, Dorfbewohner in den Provinzen, waren aber auch mit Militäreinheiten unterwegs und zeigen deren Strategie von Zuckerbrot und Peitsche. So entsteht ein präzises Bild des Landes, und es wird deutlich, dass es kaum irgendwo echte Sympathien für die Amerikaner und ihre Verbündeten gibt. Am wenigsten im islamistisch dominierten Süden, was allerdings auch damit zusammenhängt, dass der dort herrschende Warlord keine Sicherheit garantiert; also sind Überfälle an der Tagesordnung. Das wiederum bedeutet, dass es keine militärische Unterstützung für Hilfsorganisationen gibt, was Armut zur Folge hat; und die schürt die Wut auf die Amerikaner.

Allerdings zeigt die Reportage auch andere Bilder. In der Stadt Herat, über die der gesamte Handel mit dem Iran läuft, herrscht tatsächlich Aufbruchstimmung. Stammesfürst Ismail Khan kassiert angeblich täglich eine Million Dollar an Zöllen, von denen die Regierung in Kabul allerdings kaum etwas sieht, Ismail Khan lässt damit lieber alte Bauten und Denkmäler restaurieren und neue Denkmäler errichten.

Und so verschieden die Warlords ihre Provinzen auch regieren, Interimspräsident Hamid Karsai erkennt keiner an. „Das seht ihr doch. Nur ich habe hier Macht“, sagt „Warlord“ Padscha Khan, den Kleber und Andersen auch besucht haben. Kurz zuvor sah man ihn noch durchs Dorf stolzieren und einige seiner Soldaten herumkommandieren. Angeblich verfügt er über eine 6.000 Mann starke Armee, und Angst vor der afghanischen Nationalarmee hat er keine. Die Armee wird gerade aufgebaut, oder besser: Viele Afghanen werden oberflächlich zu Soldaten ausgebildet. Mit einem, dem Gefreiten Hafiz, reisen Kleber und Andersen nach Kandahar, Ussama Bin Ladens Heimat. Hafiz würde sich dort niemals als Soldat der Nationalarmee outen, und die dortigen Stammesfürsten drohen mit Bürgerkrieg, sobald die Alliierten abgezogen sind.

Gut also, dass es in dieser Reportage nicht um Motive, Vorwände oder Rechtfertigungen der Bush-Regierung für den Afghanistankrieg geht. Der Film zeigt vor allem, dass die Situation für die Bevölkerung Afghanistans kaum eine andere ist als unter den Taliban. „Sicher war es in Kabul unter den Taliban auch“, sagt ein Devisenhändler auf dem Markt von Kabul, „aber was in den Provinzen los ist, weiß ja wohl jeder.“

Unterdessen ist ein FBI-Agent, mit dem Kleber gesprochen hat und der sich „Kevin“ nennt, immer noch auf der Suche nach Ussama Bin Laden und sich sicher, dass es „da draußen“ immer noch genügend Anführer gibt, die „die verzweifelten jungen Männer hier motivieren können“. Auch das hat sich also kaum geändert.

Teil 2: „Allianz am Hindukusch“ (So., 8. August, 23.40 Uhr), Teil 3: „Irak – die unerfüllte Mission“ (Di., 10. August, 20.15 Uhr)