WAS MACHT EIGENTLICH ... Richard Sennett?
: Die Tessenow-Medaille kriegen

Neulich konnte Richard Sennett mal wieder lesen, was für ein toller Hecht er ist. Ganz im Unterschied zu seiner Frau. Die Stadtsoziologin Saskia Sassen, machote jüngst unser aller Nachrichtenmagazin, sei nur darum so bekannt, weil sie mit Richard Sennett verheiratet ist und der wohl einiges auf dem Kasten habe. Dass Ersteres nicht stimmt, braucht keinen Kommentar. Alles Weitere ist aber richtig. Der 66 Jahre alte US-Soziologe, Professor an der Universität von New York und London School of Economics, ist einer der klarsichtigsten Analytiker unserer westlichen Gesellschaft.

Die schizophrene Haltung der US-Amerikaner zur Krise etwa bedachte er mit dem ironisch-klugen Satz: „Es gibt ein sehr amerikanisches Verhaltensmuster: Bist du unglücklich, geh einkaufen.“ Statt eine Revision einzuläuten, liefen die Amis selbst in der Katastrophe noch dem goldenen Kalb hinterher. Pech. Aber nur für die Armen.

Sennett, der heute in Berlin mit der Heinrich-Tessenow-Medaille geehrt wird, hat sich meist mit den Klassenverhältnissen in den USA beschäftigt und den Niedergang der Arbeiterschicht konstatiert. „Die Kultur des neuen Kapitalismus“, so sein jüngstes großes Werk, zeigt, wie die Kultur der New Economy zu tiefgreifenden Veränderungen auf sozialer und politischer Ebene geführt und unser Demokratieverständnis unterminiert hat. Was also tun? Darauf gibt Sennett Antworten, so wie Tessenow, der Architekt und Sozialreformer, Antworten auf die Probleme der 20er-Jahre gefunden hat. ROLA

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