lexikon der globalisierung
: Was bedeutet eigentlich Arbeit

Arbeit als menschliche Lebensnotwendigkeit kennzeichnet den Prozess, in dem sich Menschen Naturprodukte für ihre Bedürfnisbefriedigung aneignen und umformen. Es ist ein Prozess zwischen Mensch und Natur, der gesellschaftlich organisiert und bewertet wird, wodurch gleichzeitig gesellschaftliche Naturverhältnisse gestaltet werden.

In der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft ist der Arbeitsbegriff eingeengt auf Erwerbsarbeit, die gegen Lohn geleistet wird. Ergebnis der Erwerbsarbeit sind Waren, die an Märkten gehandelt werden. Auch die Arbeit beziehungsweise die Arbeitskraft wird als Ware gehandelt. Arbeitsmärkte sind daher ein spezifisches Moment kapitalistischer Gesellschaften.

Diese Fixierung auf Erwerbsarbeit beinhaltet die Ausgrenzung und Abwertung derjenigen Arbeit, die dem Marktprozess vor- und nachgelagert ist – der Versorgungsarbeit. Diese produziert keine Waren, sondern Lebensmöglichkeiten, wird nicht an Märkten gehandelt, nicht bezahlt und gilt als Nicht-Arbeit, als „reproduktiv“ gegenüber der produktiven Erwerbsarbeit. Aus Gender-Perspektive wird deutlich, dass Versorgungsarbeit bis heute vor allem Arbeit von Frauen ist. Die Strukturierung der Arbeit beinhaltet somit eine geschlechtliche Hierarchie.

Ausgehend von einem weiten Arbeitsbegriff betonen neuere Debatten noch andere Arbeiten: Eigenarbeit (Arbeit für sich selbst, allein oder mit anderen) sowie Gemeinschaftsarbeit beziehungsweise bürgerschaftliches Engagement (Arbeit an der und für die Gesellschaft).

Eine Befreiung von der ausschließlichen Ausrichtung auf Erwerbsarbeit in ihren jetzigen Zwängen und Abhängigkeiten – eine Befreiung in der Arbeit – ist eng mit der Aufhebung der Frauen-Männer-Hierarchie, der Aufwertung und Anerkennung von Sorge-Arbeiten verbunden. Dies beinhaltet unter anderem eine existenzielle, von Erwerbsarbeit entkoppelte Absicherung (etwa über ein BürgerInnen-Einkommen), die Verkürzung der Erwerbsarbeitzeit sowie die Umverteilung der Erwerbsarbeit und Versorgungsarbeit zwischen den Geschlechtern.

Insgesamt geht es darum, alle Arbeiten als produktiv zu bewerten – in Kooperation mit der Produktivität der Natur. Die Neugestaltung von Arbeit beinhaltet somit auch neue gesellschaftliche Naturverhältnisse. ADELHEID
BIESECKER, DANIELA GOTTSCHLICH

Das Lexikon entsteht in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat von Attac und erscheint jeden Montag.