Matthaes Tod lässt Fragen offen

SPD kann nicht erklären, wieso sie von den Finanzproblemen ihres Geschäftsführers bis letzte Woche nichts wusste. Nachfolge in der Parteispitze ist noch ungeklärt

Der Freitod von SPD-Landesgeschäftsführer Andreas Matthae zieht eine zentrale Frage nach sich: Wieso wusste die Partei so lange nicht von finanziellen Problemen ihres langjährigen Funktionärs und machte ihn im Juni zum Parteimanager? Diese Frage konnte der SPD-Vorstand auch gestern nicht beantworten und mochte es auch nicht. Man wolle die Sache jetzt auf sich beruhen lassen, „um des Andenkens von Herrn Matthae willen“, sagte Sprecher Hannes Hönemann.

Der SPD-Politiker war am Sonntag erhängt in seiner Wohnung in Prenzlauer Berg gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft schließt Fremdeinwirkung aus und geht von Freitod aus. Als Zeitpunkt nannte sie die Nacht von Samstag auf Sonntag.

Nach Darstellung aus der SPD waren der Partei erst in der vergangenen Woche finanzielle Probleme Matthaes bekannt geworden. Dabei soll es unter anderem um unbezahlte Rechnungen und fehlende Sozialversicherungsbeiträge gegangen sein. Matthae war in den vergangenen Jahren als Gastronom tätig und hatte zuletzt gut ein Jahr lang bis Ende Juli die Kneipen „Piccolo“ und „Weinbotschaft“ in der Reinhardtstraße gepachtet. Sowohl sein Nachfolger als Pächter wie auch sein früherer Verpächter sagten, sie wüssten nichts von finanziellen Problemen.

Die Parteispitze habe eine Woche lang vergeblich versucht, Matthae zu erreichen, hieß es gestern. Der Landesvorstand beschloss daraufhin am Samstag bei einer ohnehin anstehenden Klausurtagung, ihn als Geschäftsführer zu suspendieren. Montag sollte sich Matthae zu der Angelegenheit äußern. Der Posten galt als zweite Chance für den jungen SPD-Hoffungsträger, nachdem er 2002 bei der Bundestagswahl im als sicher geltenden Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg dem Grünen Christian Ströbele unterlegen war.

Die SPD bestätigte gestern, dass der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Christian Gaebler, Matthae am Sonntag erhängt seiner Wohnung aufgefunden hatte. Gaebler war ein guter Bekannter Matthaes und hatte dessen Anteil an der Kreuzberger Kneipe „Sol y Sombra“ übernommen, als sich Matthae nach der Bundestagswahl 2002 davon trennte.

Die Parteiführung beharrte gestern darauf, dass bis vergangene Woche nichts auf Probleme Matthaes hingewiesen habe, die mit dem Geschäftsführerposten unvereinbar gewesen wären. Die SPD hatte Matthae den Posten am 21. Juni übertragen. „Man war im geschäftsführenden Landesvorstand mehrheitlich der Ansicht, dass er der geeignete Mann für diese Aufgabe war“, sagte Sprecher Hönemann.

Wer die Nachfolge Matthaes antritt, war gestern noch nicht geklärt. „Dafür hat doch jetzt noch gar keiner den Kopf frei“, sagte Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller. Eine Sondersitzung des Landesvorstands am späten Montag diente laut Hönemann nur der Information der Parteispitze. Beschlüsse seien nicht gefallen. Kommissarisch führt der stellvertretende Geschäftsführer Eckart Springsklee die Geschäfte. STEFAN ALBERTI