Pasta „Frutti di mare“

Die Emder Fachhochschule hat Zahncreme aus Krabbenschalen zur Produktionsreife entwickelt

„Die Paste schmeckt garantiert nicht nach Fisch, und gesund soll sie auch sein“

emden taz ■ Kein Ostfriesenwitz: Die Fachhochschule Emden hat eine Zahnpasta aus den Schalen von Nordseekrabben entwickelt. Bislang gab es ein ähnliches Produkt nur in Südkorea. Die Zahncreme Chitodent soll im September übers Internet angeboten werden.

„Wir verwenden die Paste in unserem Haus. Also, sie schmeckt garantiert nicht nach Fisch und soll ja auch gesund sein“ – Helga Mittelbach, Sekretärin im Emder Fachbereich für Naturwissenschaftliche Technik, fühlt sich nicht als Versuchskaninchen. Sie hat bis auf eine Zahnlücke heile und widerstandsfähige Zähne. Der leicht bittere Nachgeschmack der Paste wurde mit Minze ausgeglichen. „Aus der Region – für die Region, so ist unser Forschungsmotto“, meint Krabbenforscher Wolfgang Lindenthal aus Emden. Er ist einer der drei „Erfinder“ der Zahnpasta. Grundstoff dieser Paste ist Chitosan. Das wird aus dem Chitinpanzer von Krabbenschalen gewonnen.

Den nachwachsenden Rohstoff bekamen die Wissenschaftler zunächst aus dem ostfriesischen Hafenort Neuharlingersiel. Dort arbeitete ein Krabbenfischer mit einer Krabbenpulmaschine. Gut 15 Prozent der Delikatesse blieb als Abfall übrig. Die Schalen wurden bisher weggeworfen.

In Japan und den USA wird Chitosan bereits genutzt. Der Stoff ist zum Beispiel in Diätpillen enthalten. Die Emder Forscher sehen aber auch weitere Verwertungsmöglichkeiten: Chitosan soll als Wundheilmittel und in der Ölbekämpfung genutzt werden. In Schleswig-Holstein versucht eine Firma Schiffsfarben auf Chitosanbasis herzustellen. Die sollen das Umweltgift Tributylzinn (TBT) in den Farben ersetzen.

Helmuth Fokken aus Filsum im Landkreis Leer will in seiner Firma B&F die Zahnpasta vermarkten: „Ich bin hier bekannt als Bastler. Geht nicht, gibt es bei mir nicht.“ Der Hersteller für Steuerungsanlagen und Umwelttechnik will nicht nur die Zahnpasta vermarkten, sondern auch Krabbenpflaster auf Wunden pappen. Sein Problem: Der Nachschub. „Krabben werden in Ostfriesland nicht mehr maschinell gepult. Die Viecher werden in Marokko geschält. Schlimmstenfalls müssen wir die Schalen von dort rückimportieren“, so Fokken.

Dann allerdings könnte der Transport des Rohmaterials teuer sein als das Endprodukt. „Alle meine bisherigen Kunden haben die Zahnpasta schon getestet. Wir haben die Mängel beseitigt. Wenn sich das Produkt verkauft, gehen wir in die Großproduktion“, meint Fokken.

thomas schumacher