Freispruch für haitianische Todesschwadronen

Geschworenengericht hebt frühere Mord-Urteile gegen Führungsmitglieder der berüchtigten FRAPH auf

PORT-AU-PRINCE taz ■ Der ehemalige stellvertretende Chef der haitianischen Todesschwadronen, Louis-Jodel Chamblain, ist von einem Geschworenengericht vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden. Chamblain war einer der Anführer der Revolte gegen den haitianischen Staatspräsidenten Jean-Bertrand Aristide im Februar dieses Jahres. Die Jury fand in einer mehrstündigen Sitzung keine Anhaltspunkte dafür, dass der Exmilitär den Geschäftsmann Antoine Izmery im Jahre 1993 ermordet habe. Der ehemalige haitianische Justizminister Izmery war ein enger Vertrauter des im Februar dieses Jahres gestürzten Aristide.

Mit Chamblain wurde Jackson Joanis, ein weiteres Mitglied der unter dem Namen „Front für Entwicklung und Fortschritt in Haiti“ (FRAPH) bekannt geworden Todesschwadronen, freigesprochen. In erster Instanz waren beide in Abwesenheit zu lebenslänglicher Zwangsarbeit wegen des Mordes verurteilt worden. Chamblain befand sich seit April in Haft. Er hatte sich freiwillig der Justiz gestellt, nachdem ihm ein neuer Prozess zugesagt worden war. Das Strafgesetz Haitis sieht vor, dass ein in Abwesenheit Verurteilter ein neues Verfahren verlangen kann, wenn er sich der Justiz stellt.

Das Urteil hat bei nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen Empörung hervorgerufen. Viles Alizar von der Nationalen Koalition für haitianische Rechte nannte das Urteil „wirklich schrecklich“. Amnesty international reagiert scharf auf den Freispruch und bezeichnet das „Wiederaufnahmeverfahren einen Hohn“.

HANS-ULRICH DILLMANN