Pro Kohle und gegen Europarecht

Umweltverbände kritisieren den Gesetzentwurf zur Kohlendioxid-Einlagerung

BERLIN taz ■ Noch in dieser Legislaturperiode wollen Umwelt- und Wirtschaftsressort einen Gesetzentwurf zur Kohlendioxid-Einlagerung (Carbon Capture and Storage – CCS) durch den Bundestag bringen. Umweltorganisationen halten das CCS-Gesetz für ein Geschenk an die Kohlekonzerne, wie sie am Mittwoch noch einmal betonten.

Während die Bundesregierung die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Energieeffizienzgesetz auf die lange Bank schob, bastelte sie seit Dezember hektisch am Gesetzentwurf zur CCS-Technologie. Die Industrie wartet auf den Startschuss für milliardenschwere Investionen in Pilotprojekte. Schließlich soll CCS Kohlekraftwerke klimafreundlicher machen.

Bei dem jetzigen Entwurf sehen die Umweltorganisationen nun aber jede Menge Nachbesserungsbedarf – vor allem bei Endlagerung und Haftung: „Die Risiken der Kohlendioxid-Endlagerung werden in dem Gesetzesentwurf unterschlagen“, sagt Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. „Es gibt keine wirksamen Maßnahmen gegen Leckagen – die Endlagerung ist aber über tausende von Jahren vorgesehen.“ Die Verantwortung für das Endlager soll bereits 20 Jahre nach Schließung in die öffentliche Hand übergehen. Die Konzerne wären damit fein raus: Für eventuelle Lecks haftet dann der Steuerzahler.

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) fordert eine Frist von mindestens 100 Jahren und einen von Stromkonzernen finanzierten Haftungsfonds. „CCS ist die Krücke der Kohleindustrie und eine Scheinrechtfertigung für neue Kohlekraftwerke“, sagt BUND-Energieexperte Thorben Becker. Mit Klimaschutz habe das nichts zu tun: „Die Leitstudie des BMU zeigt, dass selbst bei einer Kohlepolitik mit erfolgreicher CCS-Technologie die CO2-Reduktionsziele verfehlt werden.“

Der Gesetzesentwurf verkehre die CCS-Richtlinie der EU, moniert Cornelia Ziehm, Juristin der Deutschen Umwelthilfe. Neue Kohlekraftwerke dürften den Plänen nach künftig nur genehmigt werden, wenn die Nachrüstung auf CCS-Technik möglich ist. Der Entwurf verlange aber nur, dass die Unternehmen eine ausreichend große Fläche auf dem Betriebsgelände bereithalten – wenn sie nicht ohnehin eine „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ der Nachrüstung nachweisen können. SARAH MESSINA