Der reuige gierige Verführer

Er eroberte die Herzen der reichsten Frauen – und erleichterte ihre Bankkonten: Helg Sgarbi, 44 Jahre alt, wurde gestern wegen Betrugs und Erpressung zu sechs Jahren Haft verurteilt FOTO: REUTERS

Elegant gekleidet war er vor Gericht erschienen, im dunklen Dreireiher und lächelnd trat der Erpresser Helg Sgarbi vor die Medien. Spätestens zur Urteilsverkündung dürfte sich der typische Anflug von Traurigkeit in seinem Gesicht gezeigt haben, der auf seine Opfer so anziehend gewirkt hatte.

Sechs Jahre Haft erwarten ihn nun. Den Geliebten zahlreicher wohlhabender Frauen, die ihm teils freiwillig, teils unter Druck ihr Geld überließen: Die Quandt-Erbin Susanne Klatten und drei weitere Frauen hat er um insgesamt 9,4 Millionen Euro betrogen. Er ist zwar schlank, 1,83 Meter groß, aber dennoch kein Typ, den man als besonders gut aussehend bezeichnen würde. Vielmehr beeindruckt er die Damenwelt durch Charme und Stil. 1965 als Helg Russak in der Schweiz geboren, wächst er im gehobenen Mittelstand auf. In der Schweizer Armee bringt er es bis zum Offiziersrang, er studiert Jura und wird nach seinem Examen 1992 bei der Schweizerischen Kreditanstalt, der heutigen Credit Suisse, angestellt. Gepflegte Konversation ist für ihn kein Problem, er wird als gebildeter Gesprächspartner und aufmerksamer Zuhörer beschrieben. Er betört einsame Damen und frustrierte Gattinnen. Schon im Jahr 2001 wird er – noch als Helg Russak – festgenommen, wegen des Verdachts auf Untreue, Erpressung und Diebstahl. Die Klägerin zieht jedoch die Klage zurück, er tut ihr leid.

Helg nimmt nun den Namen seiner Ehefrau, der Schweizerin Gabriele Franziska Sgarbi an, um ungestört weitermachen zu können. Doch gleich bei der nächsten Frau, die er zu erpressen versucht, wird er wieder aktenkundig und nun, 2003, wegen Nötigung verurteilt. Dass er auch nun nicht davon ablässt, reiche Frauen zu verführen und zu betrügen, liegt daran, dass er selbst einem Menschen erliegt: dem Italiener Ernano Barretta, der in den Abruzzen als Sektenguru wirkt. Sgarbi wird zu Barrettas Lieblingsjünger, wohl auch wegen seines Geschicks im Umgang mit reichen Frauen. „Geld ist Sünde“, soll Barretta zu Sgarbi gesagt haben. Er müsse die Frauen von ihrem Geld reinigen.

Es ist schwer nachzuvollziehen, warum ein gebildeter Mann, ein Mann mit psychologischem Gespür wie Sgarbi, dies geglaubt haben soll. Doch Fakt ist, dass er schließlich in bescheidenen Verhältnissen lebte, in Imbissbuden und als Pizzabäcker arbeitete, während sich Barretta ein Anwesen nach dem nächsten kaufte. Vor Gericht äußerte sich Sgarbi nicht zu der Frage, ob Barretta der eigentliche Drahtzieher seiner Taten war, und auch nicht über den Verbleib der Beute. So fehlte „das Nennen von Ross und Reiter“, so Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Sgarbi kann nicht mit einer vorzeitigen Entlassung rechnen. ANNA CORVES