Toll Collect ruft Mautsystem zurück

Tausende bereits eingebaute Mautgeräte müssen ausgetauscht werden. Der Starttermin Anfang November ist erneut gefährdet. Verkehrsminister Stolpe unter Druck: Abgeordnete aller Parteien wollen den Vertrag mit Toll Collect einsehen

aus Berlin ADALBERT SINIAWSKI
und MATTHIAS ANDREAE

Technische Probleme gefährden erneut den bereits verschobenen Start der Lkw-Maut und lassen Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) zunehmend unter Druck geraten. Er sagte gestern, dass über den Beginn der Probephase erst in einem „Workshop“ Ende September entschieden werde. Das Betreiberkonsortium Toll Collect hat eine Rückrufaktion für 20.000 eingebaute Mautgeräte gestartet.

Der Austausch der Geräte erfolge kostenlos, teilte Toll Collect mit. Die Reparatur könne vor Ort durchgeführt werden, dauere in der Regel weniger als 20 Minuten. Die Arbeiten seien in zwei Wochen abgeschlossen. „Das gefährdet in keiner Weise den Probebetrieb“, so ein Sprecher. Spediteure befürchten hingegen einen Zusammenbruch des Systems, falls der Starttermin 2. November tatsächlich eingehalten wird. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Karl-Heinz Schmidt, sagte: „Es ist alles viel schlimmer als in der Öffentlichkeit bekannt.“ Offiziell spricht Toll Collect von einer Ausfallquote von zehn Prozent. Viele Spediteure berichten aber, dass kein einziges Gerät funktioniere. Betroffen sind ausgerechnet die Unternehmer, die zuerst freiwillig Mautgeräte eingebaut haben.

Ein Großteil der Spediteure will mit dem Einbau warten, um Reparaturen zu sparen. Peter Berger, Fuhrparkleiter der Lex Transport und Vermiet GmbH sagt: „Wir bauen so spät wie möglich ein, damit wir hoffentlich zu den Glücklichen gehören, die nur einmal hinfahren.“ Gestern hat zum ersten Mal ein Speditionsunternehmen Schadensersatzforderungen an Toll Collect gestellt. Der deutsche Speditions- und Logistikverband bezweifelt, dass der Starttermin gehalten werden kann.

Vor der Sitzung des Haushaltsausschusses sagte der zuständige Unionsexperte, Dietrich Austermann, es müsse geklärt werden, wer für die Verdienstausfälle durch den Rückruf hafte. Verkehrsexperte Albert Schmidt (Grüne) entgegnete: „Eine Entschädigung muss auf Kosten der Gerätehersteller gehen.“

Die Pannenserie entzweit zusehends die SPD-Fraktion. Verkehrsexperte Peter Danckert (SPD) forderte gestern den Rücktritt von Ralf Nagel und Angelika Mertens, Staatssekretäre im Verkehrsministerium. Sie trügen neben Exverkehrsminister Kurt Bodewig die „Hauptverantwortung für das Maut-Desaster“. CDU-Verkehrsexperte Klaus Lippold wertete dies als Ablenkungsmanöver: „Die SPD will um jeden Preis den Kopf von Stolpe schonen.“ Die Opposition wirft dem Minister fehlerhaftes Krisenmanagement vor und fordert dessen Rücktritt. Auch der Verkehrsausschuss hat gestern Einsicht in die Verträge mit Toll Collect beantragt. So sollen die Details zum Zeitplan, zum Schadenersatz und zur Haftung für die Maut-Pannen offen gelegt werden. „Bisher hat Stolpe zu den angekündigten Nachbesserungen des Vertrags geschwiegen“, sagte CDU-Verkehrsexperte Klaus Lippold. Ob der Vertrag vorgelegt wird, ist fraglich: Das Betreiberkonsortium will um keinen Preis Details offen legen.