Rauchfreie Gastwirte sollen Sterne sehen

Gesundheitssenatorin Knake-Werner deckt auf: Rauchen ist uncool. Nun soll eine neue Kampagne Berlin vom blauen Dunst befreien. Zusätzliches Geld gibt es für die Aktion nicht. Der Clou: Bezirke und Senat reden ab jetzt miteinander

Der Ton wird rauer. „Es geht nicht darum, Raucher auszugrenzen – aber falls die sich diskriminiert fühlen, haben sie Pech gehabt.“ Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) ließ gestern keinen Zweifel, dass es ihr ernst ist. Berlin soll die „Hauptstadt des Nichtrauchens“ werden. So weit der Plan. Damit das klappt, startet jetzt das Aktionsprogramm „Berlin qualmfrei“, das in drei Jahren erste Erfolge vorweisen soll. Außer einer Kampagne mit Plakaten, Flyern, einem Videowettbewerb für Schüler und einem Nichtraucherpreis gibt es auch etwas Neues: Die Senatsverwaltung und die zwölf Bezirke bündeln ihre Maßnahmen. In den vergangenen 20 Jahren hatten Stadtteile und Senat jeweils eigene Programme. Jetzt will man sich abgestimmt die Tabakwolken vertreiben.

Die konzertierte Aktion richtet sich nicht nur an Jugendliche, sondern auch an Lehrer und Eltern. Frauen sollen noch während der Schwangerschaft den ersten Info-Brief bekommen. Ob bei der Vorschuluntersuchung der Kinder, bei deren Einschulung oder bei den Klassenkonferenzen – den Eltern wird künftig bei jeder Gelegenheit ins Gewissen geredet. Sie sollen Vorbild sein. Das Gleiche gilt für Lehrer. Die Pädagogen müssen sich nicht nur selbst an das neue Rauchverbot an den Schulen halten. Sie sollen auch rauchende Schüler dabei unterstützen, von der Sucht loszukommen.

„Es ist doch viel cooler, mit dem Rauchen aufzuhören, als ständig einen Glimmstängel im Mund zu haben“, wirbt Senatorin Knake-Werner. Die Frage ist, ob das die Jugendlichen auch so sehen. Schließlich gab es schon die eine oder andere Antitabak-Aktion in Berlin. Mit durchwachsenem Erfolg. Die Quote der rauchenden Jugendlichen sank zwar bis Mitte der 90er-Jahre von knapp 60 Prozent auf 44 Prozent. Dabei wurden die Raucher aber jünger. Jeder vierte Jugendliche hat die erste Zigarette bereits mit elf Jahren oder sogar früher probiert. Jeder Dritte raucht täglich und jeder Zehnte mehr als 20 Zigaretten pro Tag.

„Einzelne, isolierte Projekte waren doch nur Alibis, jetzt wird das Problem bei allen Schülern, Eltern und Lehrern gleichzeitig zum Thema gemacht“, lobt Johannes Spatz vom Forum „Rauchfrei in Berlin“ die Bemühungen der Politik. „Gleichzeitig verlaufende Aktionen verstärken sich gegenseitig“, so seine Hoffnung.

„Wir wollen ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem Nichtrauchen gesunde Normalität ist“, sagte Knake-Werner. Neben den Schulen sollen auch öffentliche Gebäude, Krankenhäuser und Restaurants zu rauchfreien Zonen werden – nicht per Gesetz wie etwa den USA oder Irland. „Vielleicht vergeben wir in Zukunft Signets oder Sterne für rauchfreie Einrichtungen“, überlegt die Gesundheitssenatorin. Das würde auch nicht viel kosten – schließlich muss „Berlin qualmfrei“ ohne eigenes Budget auskommen. FELIX WADEWITZ