DIE TOBIN-STEUER IN INDIEN KANN KAPITALFLUCHT NICHT VERHINDERN: Zähmung des Geldes

Tobin kommt in Mode. Weltbank-Präsident Wolfensohn hält eine Steuer auf spekulative Devisengeschäfte schon länger für „eine gute Idee“, die Parlamente von Frankreich und Belgien fordern konkret eine Tobin-Steuer für die EU, und nun will das indische Parlament eine Spekulationssteuer auf Wertpapierumsätze tatsächlich einführen.

Populär wurde die Tobin-Steuer zuerst im Land der Initiativen, in Frankreich, wo sich um die Zeitschrift Le Monde diplomatique erstmals eine „Aktion für eine Tobin-Steuer“ scharte, kurz: Attac. Der spätere Nobelpreisträger James Tobin hatte in den Siebzigern mit seiner Steueridee ein Zentralproblem vor allem schwächerer Volkswirtschaften angepackt: Ihre Währungen sind ein Spielball der westlichen Finanzgiganten. Theoretisch könnte eine Steuer auf Devisengeschäfte gerade kleinere Staaten vor der übermächtigen Waren- und Währungskonkurrenz aus den USA und Europa in gewissem Umfange schützen.

Konservative und neoliberale Wirtschaftskritiker lehnen Tobin grundsätzlich ab. Aber auch sachliche Einwände sind möglich: Selbst kurzfristige Kapital-, Währungs- und Wertpapiergeschäfte werden sich durch einen minimalen Steuersatz wie in Indien (0,15 Prozent) nicht unterbinden lassen. Die Gewinnchancen von spekulativen Transaktionen werden durch eine Tobin-Tax nur unwesentlich verringert. Basiert die kurzfristige Kapitalflucht – wie vor der Asienkrise 1996/97 – gar auf einem rasanten Stimmungsumschwung bei den weltweiten Investoren, gibt es eh kein Halten durch eine Steuer mehr. Was bleibt, sind zusätzliche Einnahmen für den Staatshaushalt.

Mittlerweile ist Tobins Konzept weiterentwickelt worden: So ließe sich statt einem festen Steuersatz eine von Paul Bernd Spahn entwickelte, zweistufige Steuer anstreben. Um Finanzkrisen zu verhindern, steigt dabei der niedrige Steuersatz im Fall einer spekulativen Attacke auf eine Währung rapide an. Interessant ist diese Idee auch für die kommende Euro-Osterweiterung, um spekulative Attacken auf Forint oder Zloty zu bremsen und das Geld zu zähmen. HERMANNUS PFEIFFER