Schlagstock im Mondlicht

Bewährungsstrafen für Thüringer Polizisten, die in Hamburg schleswig-holsteinische Zivilbeamte verprügelten. Dabei sollten beide eine Bauwagen-Demo in Schach halten

hamburg taz ■ Für eine Schlagstock-Attacke auf Kollegen in Zivil hat das Hamburger Landgericht gestern zwei Thüringer Polizisten zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es in dem Berufungsprozess als erwiesen an, dass die 30 und 31 Jahre alten Beamten bei einer Demonstration zwei Zivilpolizisten aus Schleswig-Holstein mit dem Schlagstock niedergeschlagen und verletzt hatten. In der ersten Instanz waren die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Damit hätten sie automatisch ihren Beamtenstatus verloren. Nun könnten sie theoretisch im Polizeidienst bleiben.

Die Beamten aus Erfurt waren am 16. November 2002 wegen Demonstrationen um den geräumten Bauwagenplatz „Bambule“ nach Hamburg geschickt worden. Als nach Rangeleien eine Bierdose flog, kam es zu dem Vorfall: Die Angeklagten sollen die als Demonstranten getarnten Kollegen zu Boden gebracht und geprügelt haben, obwohl diese das gemeinsame Kennwort „Mondlicht“ riefen. Die Zivilpolizisten waren eine Woche lang dienstunfähig.

Die zwei Angeklagten hatten in dem Berufungsprozess den Schuldspruch des Amtsgerichts vom Juli 2003 akzeptiert und ihre Berufung auf das Strafmaß beschränkt. Dies wertete die Vorsitzende Richterin als Geständnis. Ihrer Ansicht nach haben die Angeklagten ihre Amtsgewalt missbraucht. Unabhängig davon, ob sie das vereinbarte Kennwort gehört hätten oder nicht: „Die Schläge waren nicht gerechtfertigt“, sagte sie.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von elf Monaten, die Verteidigung rund neun Monate gefordert. Welche Konsequenzen das Urteil für die Beamten hat, wird laut Gericht in einem Disziplinarverfahren entschieden. Der Prozess hatte in der ersten Instanz zusätzlich für Aufsehen gesorgt, weil Vorgesetzte der Angeklagten versucht hatten, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen. So erhielt der Chef der Thüringer Bereitschaftspolizei, Roland Richter, wegen einer Falschaussage in dem Prozess einen Strafbefehl. Da er dagegen Einspruch erhob, wird der Vorwurf demnächst vor Gericht verhandelt werden.

Der Prozess gegen einen dritten Thüringer Polizisten wurde abgetrennt. Anders als seine Kollegen hatte der 24-Jährige seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts nicht zurückgenommen. Sein Anwalt stellte zum Prozessauftakt einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin. Diese hatte zu dem Angeklagten gesagt: „Sie waren bei der Tat dabei.“ M. Schneider