Die wertvolle Haut der Erde

In ihrer „Bodenaktionswoche“ zeigt die Uni Münster, wie lebenswichtig unberührter Boden für den Menschen und die Umwelt ist. Die Biologen wollen verhindern, dass die kostbare Fläche zunehmend versiegelt wird

Der Boden unter unseren Füßen ist ein kostbares Gut. Ohne die manchmal nur wenige Zentimeter dicke Haut der Erde, die unsere Böden bilden, wäre menschliches Leben nicht möglich. Trotzdem wird allein in Deutschland derzeit jeden Tag eine Bodenfläche so groß wie etwa 170 Fußballfelder mit Siedlungen, Straßen und Gewerbegebieten überbaut. Dabei geht mehr als die Hälfte der Bodenfläche durch die Bauwerke vollständig verloren, die restliche Fläche wird häufig so stark gestört, dass die Böden ihre ursprünglichen Funktionen weitgehend verlieren.

Vor diesem Hintergrund veranstaltet das Institut für Didaktik der Biologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in enger Kooperation mit der Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) und dem Umweltamt der Stadt vom 15. bis 21. September in Münster eine Bodenaktionswoche. Mit dieser Aktion startet die NUA gleichzeitig eine fünfjährige Kampagne zur Verbesserung des Bodenschutzes in Nordrhein-Westfalen. Ziel der Bodenaktionswoche ist es, auf die Bedeutung des Bodens als Lebensraum und Lebensgrundlage für Menschen, Tier und Pflanzen aufmerksam zu machen und auf die wachsende Gefährdung der Bodenressourcen hinzuweisen.

Boden ist nicht nur die lockere, häufig nur wenige Zentimeter dicke Verwitterungsschicht der äußeren Erdkruste, sondern ein hochkomplexes, lebendiges System. Als Wuchs- und Standort für höhere Pflanzen bildet er die Basis für vielfältige Nahrungsketten und -netze und ist damit Lebensgrundlage für alle Lebewesen auf der Erde. Gleichzeitig ist Boden ein spezifischer Lebensraum für zahlreiche Bodenorganismen wie Bakterien, Pilze, Würmer oder Spinnen, die dafür sorgen, dass vielschichtige Umwandlungsprozesse ablaufen, die den Boden zunehmend mit organischen Substanzen anreichern und die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Darüber hinaus ist er für menschliche Gesellschaften grundlegend: Aus ihm stammt das Trinkwasser, er wird als Bau- und Rohstofflager genutzt, ist für die Nahrungsmittelproduktion unersetzlich und dient sogar zur „Archivierung“ natur- und kulturhistorischer Schätze.

Voraussetzung für ein reichhaltiges Bodenleben und eine vielfältige Bodentierwelt ist ein locker strukturierter Bodenkörper mit vielen Hohlräumen. Eine arten- und individuenreiche Gemeinschaft von Bodentieren ihrerseits trägt zu einer permanenten Durchmischung des Bodens bei, was die mikrobielle Zersetzung der organischen Substanz und Anreicherung des Mineralbodens mit Humus fördert. Rund 50 Prozent der gesamten tierischen Biomasse in Deutschland besteht gewichtsmäßig aus Regenwürmern.

Die Böden sind weltweit durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung sowie wirtschaftliche Aktivitäten akut gefährdet. Die Münsteraner Biologie-Didaktiker wollen durch verstärkte Aufklärung dazu beitragen, dass diese elementare Ressource nachhaltig gesichert und künftig stärker geschützt wird. Die Bodenwoche beginnt am kommenden Mittwoch mit dem Analyseforum „Unfähig oder unwillig zum Bodenschutz?“ unter Beteiligung zahlreicher Fachleute aus Universität, Politik und Verwaltung in der Aula des Schlosses. Parallel dazu wird im Foyer die Ausstellung „Der Boden lebt“ eröffnet. An den beiden folgenden Tagen finden Veranstaltungen zum Thema „Boden im Unterricht“ speziell für Schulklassen und ihre Lehrer statt. Höhepunkt der Woche ist der „Bodenaktionstag für die ganze Familie“ am Samstag, 18. September, von 10 bis 16 Uhr im Schlossgarten. Ein abwechslungsreiches Programm informiert über unterschiedliche Facetten des Themas. Besucher können auch aktiv an Bodenuntersuchungen oder an harmlosen Regenwurmexperimenten teilnehmen oder sich kreativ mit Lehm und Erdfarben betätigen. HOLGER ELFES