Kritik von Annan

Der UNO-Generalsekretär moniert den neuen Entwurf der USA für eine Irakresolution des Sicherheitsrats

GENF taz ■ UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat mit für seine Verhältnisse ungewöhnlich deutlicher Kritik auf den revidierten Entwurf der Bush-Administration für eine neue Irakresolution des UNO-Sicherheitsrats reagiert. Zuvor hatten bereits die Ratsmitglieder Frankreich, Russland, China, Deutschland und Syrien ihre erhebliche Unzufriedenheit mit dem Entwurf zum Ausdruck gebracht. Die Chancen, dass sich der Sicherheitsrat noch vor der für Ende Oktober geplanten Irak-Geberkonferenz in Madrid auf eine neue Resolution einigt, werden in UNO-Kreisen zunehmend skeptisch beurteilt.

„Der Resolutionsentwurf der USA geht offensichtlich nicht in die Richtung, die ich empfohlen habe“, erklärte Generalsekretär Annan vor Journalisten in New York. Annan monierte, dass der neue Entwurf nach wie vor weder eine substanzielle Rolle für die UNO im Irak vorsieht noch einen Zeitplan für die Übertragung substanzieller Kompetenzen an den von Washington eingesetzten Regierungsrat, für die Ausarbeitung einer Verfassung, Wahlen und die schließliche Übergabe der Macht an eine neugewählte irakische Regierung. Der Entwurf, der der taz vorliegt, enthält im Unterschied zu seinem Vorgänger lediglich eine Präambel, in der die „schnelle“ und „schrittweise“ Übergabe der Macht an den Regierungsrat befürwortet wird. Zur UNO heißt es unverbindlich und ohne konrete Details, ihre „vitale“ Rolle im Irak solle „gestärkt“ werden. Bereits bei einem Essen mit den Botschaftern der 15 Mitgliedstaaten des Sicherheitsrats am Donnerstagmittag machte Annan deutlich, dass eine substanzielle Rolle der UNO im Irak Vorbedingung ist für die Rückkehr der nach zwei Anschlägen auf die Bagdader UNO-Zentrale inzwischen fast vollständig abgezogenen bislang rund 600 internationalen MitarbeiterInnen. Er könne das Leben seiner MitarbeiterInnen nicht bei einem Einsatz riskieren, bei dem die UNO nur eine marginale Rolle spielen, erklärte der Generalsekretär Teilnehmern des Essens zufolge.

„Wenn der Generalsekretär es ablehnt, seine Leute zu schicken, ist es sinnlos, jetzt die Resolution anzunehmen“, sagte dazu der Botschafter eines westlichen Mitgliedslands im Sicherheitsrat. Nach Einschätzung von UNO-Diplomaten dürften die Worte von Annan dazu führen, dass sich die sechs Ratsstaaten aus Afrika, Lateinamerika und Asien, die bislang öffentlich noch keine Position bezogen hatten, auf die Seite der Kritiker des Entwurf schlagen werden.

Unterdessen verschärfte der demokratische Präsidentschaftsbewerber und frühere Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark seine Kritik am Irakkrieg der Bush-Administration und forderte eine „unabhängige Untersuchung“ des mutmaßlichen Einsatzes „krimineller Mittel“ in der Außenpolitik der Administration. ANDREAS ZUMACH