Tag der 1.001 offenen Moscheen

Rund 1.000 islamische Gebetsstätten in ganz Deutschland öffnen an diesem Wochenende ihre Tore für Interessierte. In Berlins größter Moschee konnten sich Besucher schon am Freitag über islamische Bestattungsrituale und Gebetsregeln informieren

aus Berlin YASSIN MUSHARBASH

Der Imam, ein mittelalter Mann mit kahlem Kopf und mausgrauem Anzug, lächelt verschmitzt und gibt zu: „Als ich vor 23 Jahren Muslim wurde, habe zuerst auch länger fürs Waschen als fürs Beten gebraucht.“ Natürlich seien einige Regeln des Islam, etwa die Waschungen vor dem Gebet oder das Fasten im Ramadan, nicht immer einfach einzuhalten. Aber eigentlich, so vermittelt es Imam Mohammed Herzog, ein zum Islam konvertierter Deutscher, eigentlich ist es gar nicht kompliziert, diese Religion zu praktizieren. „Wenn das jetzt mal der Sarg ist“, sagt Herzog zum Beispiel, deutet mit Armbewegungen eine Kiste an und erklärt den Besuchern dann, wie ein verstorbener Muslim vor der Beerdigung in drei Tücher gewickelt wird. Rund 30 Interessierte, zumeist gesetzteren Alters, haben sich eingefunden, um Herzog bei seiner Führung durch Berlins größte Moschee zu folgen. „Ich wollte immer schon mal eine Moschee sehen“, sagt etwa die 73-jährige Rentnerin Erika T. fasziniert, die eigens aus dem Ostteil Berlins zur Besichtigung in den Bezirk Neukölln gereist ist.

Der „Tag der offenen Moschee“ findet in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Angeregt wurde er 1997 vom Zentralrat der Muslime (ZMD), längst haben sich auch andere Dachverbände angeschlossen. Insgesamt fast 1.000 Moscheen, in etwa genauso viele wie 2002, öffnen in diesem Jahr Interessierten ihre Tore. Insgesamt rechnen die Veranstalter, deren Spektrum von kleinen, unabhängigen Moscheegemeinden bis zur islamistischen Organisation Milli Görüs reicht, mit rund 200.000 Besuchern. Weil aber der 3. Oktober, der traditionelle Termin dieser Veranstaltung, 2003 erstmals auf einen Freitag fällt, weichen zahlreiche Gemeinden mit ihren Informationsveranstaltungen auf das Wochenende aus. Freitags, erklärt der Koordinator des „Tags der offenen Moschee“, Mounir Azzaoui vom ZMD, gäbe es in vielen Moscheen ein Platzproblem wegen des Freitagsgebets.

In der Berliner Großmoschee am Columbiadamm geht es an diesem Freitag ebenfalls nicht nur beschaulich zu. Während Imam Herzog seiner Gruppe noch den Gebetsraum zeigt, strömen Gemeindemtiglieder bereits zu einer parallel stattfindenen Trauerfeier zusammen. Auch der Berliner Ausländerbeauftragte Günter Piening ist gekommen und steht, umringt von Kamerateams deutscher, türkischer und arabischer Sender, im Innenhof der Moschee.

Es ist kein Zufall, dass gerade diese Moschee heute so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht: In den letzten Wochen gab es hier Streit um Verletzungen der Bauvorschriften: Minarette und Kuppel der Moschee sind um einige Meter zu hoch geraten, dem Bauherrn, der halbstaatlich-türkischen Religionsbehörde Ditib, droht nun ein hohes Bußgeld. Piening betont, dass sein Besuch hier schon vorher abgemacht wurde.

Am Rande kommt es dann auch noch zu einem anderen Streit: Zwei Besucherinnen, munitioniert mit Koranübersetzungen, werfen den Ditib-Funktionären und Imam Mohammed Herzog vor, zu lügen: Keineswegs sei die Stellung der Frau im Islam gleichberechtigt. Und auf gar keinen Fall seien die höher geratenen Türme ein Versehen. „Das kann nicht das Ziel an so einem Tag sein“, sagt zerknirscht der Ditib-Mann Hüseyn Midik.

Erika T. und die meisten anderen Besucher sind trotzdem zufrieden mit dem, was sie gesehen haben. Sie habe „einen sympathischen Eindruck“ vom Islam gewonnen, erklärt Erika T. bestimmt, als sie gegen Mittag nach Hause geht.

Informationen zu weiteren Veranstaltungen unter: www.islam.de, www.islamrat.de