Antje Spiekermann, Ägyptologin
: Grabungen 2.0

Wahrscheinlich ist es so: Leute, die sich professionell mit der Vergangenheit befassen, haben ein spezielles Verhältnis zur Zukunft haben. Dieser Zukunft wollen sie etwas Bleibendes hinterlassen, so wie sie in der Vergangenheit Bleibendes gefunden haben. Außerdem scheint es unter Spezialisten eine reizvolle Vorstellung zu sein, ihre Dokumente gleich der gesamten Menschheit zur Verfügung zu stellen – je spezieller das Gebiet, desto freigiebiger die Wissenschaftler.

In diesem Fall handelt es sich um Fundmaterial aus den Friedhöfen in Giza bei Kairo, in denen die alten Ägypter vor rund 4.500 Jahren ihre hohen Beamten beerdigt haben. An diesen Friedhöfen wurden zwischen 1903 und 1929 Ausgrabungen vorgenommen. Das dabei entstandene Konvolut aus Fotos, Grabungstagebüchern, Briefen und Objekten ist auf Museen in Hildesheim, Kairo, Leipzig, Wien und Boston verteilt.

Nach und nach wandert es jetzt über den Bildschirm von Antje Spiekermann: Die 36-Jährige ist Ägyptologin am Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum und betreut das Giza-Projekt. Dabei werden sämtliche Dokumente ausgewertet und digitalisiert – mit dem Ziel, online verfügbar gemacht zu werden. Heute stellt Spiekermann ein erstes Zwischenergebnis des Projektes vor: die komplette Aufarbeitung der Grabung von 1903.

„Wir können das Material in der Dimension zeigen, in der es tatsächlich vorhanden ist“, sagt Spiekermann. „Das wäre in Form eines Buches weder mach- noch finanzierbar.“ Aufgearbeitet werden zunächst die in Hildesheim und Leipzig vorhandenen Bestände: Die Grabungen begann seinerzeit der Leipziger Wissenschaftler Georg Steindorff, der von dem Hildesheimer Kaufmann und Bankier Wilhelm Pelizaeus finanziert wurde. Spiekermann wiederum studierte unter anderem in Leipzig, bevor sie nach Hildesheim ging. Dort befinden sich die spektakulären Objekte in der Dauerausstellung – die weniger spektakulären lagern in Umzugskartons.

Erste Ergebnisse von Spiekermanns Arbeit werden im Sommer online gestellt, danach gehen die Daten ein in das Bostoner „Giza Archives Project“ – ebenfalls online. KLAUS IRLER

Fotohinweis:ANTJE SPIEKERMANN, 36, ist Archäologin am Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum. Foto: Museum