Königsblaue Krise

Nach der Niederlage in Wolfsburg ist die Geduld auf Schalke schon am Ende. Fans stellen die Trainerfrage

GELSENKIRCHEN taz ■ Etwas gemütlicher hätten sich die Schalker Verantwortlichen den Ausflug in die eher sterile und wenig stimmungsvolle Wolfsburger VW-Arena dann wohl doch vorgestellt. Doch irgendwie endete alles im Chaos. Das 0:3 im strömenden Wolfsburger Regen versaute allen Beteiligten die Stimmung. „Wir sind Freiwild und zum Abschuss freigegeben, wenn es nicht läuft“, schimpfte Torhüter Frank Rost. Die Fans machten sich während des Spiels vor allem durch „Heynckes-Raus“-Rufe bemerkbar, nach dem Spiel belagerten sie obligatorisch den Mannschaftsbus.

Die desolate Defensivleistung ließ auch Trainer Jupp Heynckes relativ ratlos zurück. „Das ist ist für uns alles andere als ein gelungener Saisonstart“, sagte er nach dem Spiel, „die Mannschaft muss sich erst einmal finden.“ Sicher haben alle geglaubt ,mit der Verpflichtung von Marcelo Bordon und Mladen Krstajic, quasi der besten Innenverteidigung der Liga, seien die Schalker unbezwingbar. Drei Punkte aus vier Spielen bei insgesamt sieben Gegentoren können diese These allerdings noch nicht bestätigen. „Die andern verlassen sich vielleicht zu sehr auf die beiden“, versucht sich Heynckes an einer Interpretation des bislang Geschehenen.

Zumindest beim ersten Gegentor greifen die Heynckes‘schen Erklärungsansätze zu kurz. Frank Rost versuchte, in Eigeninitiative einen Eckball abzufangen, kam aber 20 Zentimeter zu spät. Marian Hristow nickte ein. „Wenn das meine Schuld ist und wir wegen mir verloren haben, ist mir das wurscht. Fußball ist schließlich ein Mannschaftssport“, sagte Frank Rost relativ genervt und unzufrieden mit sich, der Mannschaft und der gesamten Situation, die in dieser Form niemand erwartet hat.

Die Verpflichtungen von Krstajic und Bordon, vor allem aber des letztjährigen Torschützenkönigs Ailton ließen im gewohnt wenig zurückhaltenden Schalker Umfeld Träume von der siebten Deutschen Meisterschaft aufkommen. Nie schienen die sportlichen Voraussetzungen besser – zumal durch die Qualifikation für den Uefa-Cup auch finanzieller Zuwachs zu erwarten ist. Erste Korrekturen im Anspruchsdenken mussten bereits vor zwei Wochen angestellt werden, nachdem der bislang Tore verweigernde Torjäger Ailton bei der neuerlichen Heimniederlage gegen Hansa Rostock die rote Karte sah und somit auch in den nächsten drei Bundesligaspielen keine Tore erzielen wird. Weitere Probleme bereitet auch die finanzielle Situation des Clubs. Nach Medienberichten stehen negative Belastungen in mehrstelliger Millionenhöhe zu Buche. Das Team ist also um Erfolg verpflichtet – bislang ein zu hoher ein Druck.

Welche Konsequenzen die Verantwortlichen aus der unbefriedigenden Situation ziehen werden ist unklar. Am Donnerstag steht der Uefa-Cup-Auftakt gegen den lettischen Vertreter Liepajas Metalurgs an, zwei Tage später kommt die Borussia aus Mönchengladbach in die Arena. Der Trainer stehe bis dahin jedenfalls nicht auf der Kippe, so Manager Rudi Assauer, alles andere sei eine „Fehlinterpretation der Medien“. HOLGER PAULER