press-schlag
: Kicker, hört die Signale!

Weg mit der albernen Regel des Trikotausziehverbots! Ein Aufruf zum zivilen Ungehorsam und kollektiven Widerstand

Der Fußball ist bekanntlich vor einigen Jahren einer Riege vergreister Benimm-Opis in die tatterigen Hände gefallen. Und der absurdeste Auswuchs des Versuchs, die Spieler zu Sängerknaben umzuerziehen, ist das Verbot, beim Torjubel das Trikot aus- bzw. sogar schon: über den Kopf zu ziehen. Man fragt sich, wieso die Profis sich das eigentlich gefallen lassen. Finden die die Regel etwa gut? Das glaubt kein Mensch. Also: weg damit! So schwer kann das doch nicht sein.

Schauen wir doch mal, wie die Arbeiterbewegung das früher gemacht hat. Oder die Leipziger Freiheitsbewegung 1989. Stets galt die Parole „Einigkeit macht stark“. Für Fußballer heißt das: Es braucht nur ein paar Telefonate und ungefähr so viel Mut, wie ihn Torleute jedes Mal aufbringen müssen, wenn Jan Koller vor ihnen auftaucht. Also, ihr Kicker, hier der Plan: Wenn nächstes Mal ein wichtiges Spiel live im Fernsehen übertragen wird, ziehen mit dem Anpfiff alle einmal das Trikot aus. Und kassieren 22 gelbe Karten. Nach zwei Minuten macht ihr dasselbe noch mal – wieder alle 22. Jetzt hat der Schiri die Wahl, alle runterzustellen und das Spiel abzubrechen – oder betreten wegzuschauen. Aber nix da – ihr wollt ja alle vom Platz fliegen, damit öffentlicher Druck entsteht. Also: Alle Mann vor dem Schiri aufbauen und notfalls ein drittes Mal weg mit den Leibchen! (Aber keine Beleidigungen! Die Begründung für die 22 Platzverweise muss glasklar lauten: „Trikotausziehen“!) Das macht ihr bitte bis zum Spielabbruch.

Danach folgen hektische Sitzungen der Gremien, Presseerklärungen der Spielergewerkschaft (bitte vorbereiten!), Solidaritätserklärungen der Fan-Vereinigungen, Sympathie bei den Medien, markige Fifa-Erklärungen über Exempel, die zu statuieren seien, und zur Krönung die Blatter-Drohung, alle nicht islamischen Länder von der WM 2006 auszuschließen.

Ihr macht indes ungerührt weiter: am Samstag in allen Bundesligastadien gleichzeitig. Beim nächsten Länderspiel. Und vor allem bei den teuren Champions-League-Übertragungen. Massenplatzverweis in der 3. Minute – dafür zahlt Sat.1 nur einmal eine achtstellige Summe.

Das Wichtigste ist, dass alle mitmachen. Denn ohne euch Spieler geht Fußball nicht – Vereinspräsidenten hin und Fernsehverträge her. Ihr werdet sehen, Kicker: Das funktioniert und macht auch noch Spaß! Und was riskiert ihr schon: ein paar Geldstrafen, die am Ende nicht eingetrieben werden. Sperren, die in ein paar Wochen per Amnestie gestrichen werden. Und was bekommt ihr? Noch vor Weihnachten ist die Regel weg. Und die Funktionäre haben plötzlich Respekt vor euch.

Also, denkt dran: „Alle Bälle liegen still, wenn dein strammes Bein es will.“

OLIVER THOMAS DOMZALSKI