Kellner, Promoter, Möbelpacker

Auch wenn Nebentätigkeiten für Studierende rar sind, es gibt sie: bei der Studentenvermittlung des Arbeitsamtes. Der Andrang auf die Job-Lotterie ist groß – Frühaufsteher genießen klare Wettbewerbsvorteile

Von LASSE HINRICHS

Oliver Annewandter (23) hat diesmal kein Glück gehabt. Jemand anderes wird heute als Hilfsträger beim Bühnenaufbau eines Konzerts sein Geld verdienen. Acht Euro Stundenlohn hätte er bekommen, Arbeitsbeginn ab sofort.

Es ist schon halb neun. Er wartet noch kurz, steckt dann den Loszettel, den er bei der Studentenjobvermittlung, der „Jobberhöhle“, gezogen hat, in die Tasche, und geht. Seine Zahl war nicht dabei. „Das wars“, resigniert der Sinologiestudent. Den Tagesjob hätte er gut gebrauchen können. Aber er sei ja selbst schuld, sei einfach zu spät aufgestanden.

Jeden Werktag ab sieben Uhr eröffnet die Fastfood-Abteilung des Arbeitsamtes aufs Neue den Ausverkauf und schleudert binnen einer knappen Stunde 30 bis 40 Jobs auf den Markt. Großer Andrang, kleiner Einsatz: Mitzubringen ist nebst Personal- und Sozialversicherungsausweis nur die Immatrikulationsbescheinigung. Dann heißt es warten. Entscheidend für den Erfolg ist allein die gezogene Nummer auf dem Zettel. Je eher man kommt, desto niedriger die Zahl, desto größer die Chance, den Job zu bekommen. Qualifikation, gar Berufserfahrung – für Tätigkeiten auf dem Tagesjobsektor null und nichtig. Die Ansage, welche Arbeit für wen gerade zu haben ist, kommt über Mikrophon und im Minutentakt.

Nach Chancengleichheit hört sich das an. Und ist nach Meinung von Knut Böhrnsen auch so: „Es ist ein offenes Rennen. Wenn man keine zu speziellen Wünsche hat, findet man immer etwas“, erklärt der Sprecher des Arbeitsamtes. Kellner, Promoter, Möbelpacker – Hilfskräfte aller Art würden zwar so gut wie immer gesucht. Allerdings gibt es auch Jobs, die schlechter weggehen. Telefonakquise oder Staubsaugervertreter würde Oliver Annewandter zum Beispiel schlichtweg ablehnen.

An diesem Morgen, so scheint es, sind es vor allem Studierende aus Nicht-EU-Ländern, die sich für die Minijobs anstellen. Weil sie müssen. Weil sie ihr arbeitsrechtlicher Status, wie der Leiter der Studentenjobvermittlung Wilfried Völter erklärt, als Geringverdiener einstuft. Die Chance auf eine längerfristige Tätigkeit außerhalb der Semesterferien und damit auf ein geregeltes Einkommen ist ihnen verbaut: Solche Jobs kommen nur in Frage, wenn deutsche oder EU-StudentInnen nicht zur Verfügung stehen. Rund zwei Drittel der knapp 4.000 in Hamburg studierenden Außereuropäer sind auf den Job angewiesen.

Einer von ihnen, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat heute Glück gehabt. Zufrieden ist er trotzdem nicht. Zu viele Vormittage hat ihn die Warterei in der Jobvermittlung gekostet. Zeit, die sich oft zu nichts summiert – und die er eigentlich für sein Studium brauche. Jetzt war seine Nummer mal wieder dabei. Vier Tage lang wird er (ab sofort) in Billbrook Holz schleppen, 8,50 Euro pro Stunde. „Das ist lockere Arbeit“, sagt der angehende Elekrotechniker. Und wenn der Auftrag vorbei und das Geld weg ist, stellt er sich wieder in die Schlange.

Für Studierende sieht der Arbeitsmarkt derzeit nicht rosig aus, sagt Wilfried Völter. Das weiß auch Annewandter. Morgen will er wiederkommen, dann etwas früher.

„Jobberhöhle“: Mo–Do von 7–14 Uhr, Fr 7–12 Uhr im Arbeitsamt, Kurt-Schumacher-Allee 16, ☎ 040/24 85 21 51