Therapie im Zoo

Ab Sonntag machen sich zwölf Männer zum Affen, um ihre Beziehungen zu retten. Ein Besuch im Camp von „Kämpf um deine Frau!“ (Sat.1, 20.15 Uhr)

AUS HÜRTH-EFFERENMARTIN WEBER

„Zu weich“, konstatiert der Mann, nimmt seine „crazy“ Entscheiderbrille kurz ab, setzt sie wieder auf und schubbelt noch einmal mit dem Hintern über die Matratze. Es bleibt dabei: „Zu weich“, wiederholt der Mann. Er ist von drahtiger Gestalt und Geschäftsführer von Sat.1.

Womit auf einmal zwei Dinge sonnenklar sind. Erstens: Die Beschaffenheit der Schlafstatt kann Dr. Roger Schawinski vollkommen schnurz sein, er muss nicht darauf nächtigen. Zweitens: Wenn der Chef selbst vor Ort ist, muss es sich um eine Angelegenheit von immenser Wichtigkeit handeln, nämlich um die „Socialtainment“-Show „Kämpf um deine Frau!“. Das ist eine Art Besserungsanstalt für Männer, die ihre Beziehungskisten vor die Wand gefahren haben – und sich in ein öffentliches Umerziehungslager begeben, um unter fachkundiger Anleitung sowohl seelisch als auch körperlich bessere Menschen zu werden: Bierbauch weg, Verständnis her. Es moderiert der Fleisch gewordene „Fernsehgarten“ Andrea Kiewel – und das zehn Wochen lang!

„Kämpf um deine Frau!“ in Hürth-Efferen, einem unwirtlichen Fleckchen Erde nahe Köln – und doch gefühlte drei Lichtjahre entfernt von urbanem Leben. Ein idealer Platz also, um medialen Schabernack zu treiben – hier bin ich Fernsehmensch, hier darf ich sein! Deshalb ist hier neben Dr. Roger Schawinski auch Gisela Marx aufgekreuzt. Die 62-Jährige, ehedem eine kundig-kluge WDR-Journalistin, stellt heute mit ihrer Firma „Filmpool“ quotenträchtiges Qualitätsfernsehen wie „Richterin Barbara Salesch“, „Das Jugendgericht“ und eben „Kämpf um deine Frau!“ her.

„Den ersten Spatenstich haben wir im Juni gemacht“, hebt Marx an, „da war hier gar nichts, nur 10.000 Quadratmeter vergammelter Lehmboden. Wir haben 800 Steine herangeschafft, 500 Bäumchen gepflanzt, eine Hügellandschaft angelegt und Unterkünfte für die Männer gebaut. Wenn am Wochenende schönes Wetter ist, packe ich meine 92-jährige Mutter ins Auto und wir fahren hierher, so schön ist das.“ Das mag von bedrückender Belanglosigkeit sein. Aber wer Gisela Marx mit geschlossenen Augen zuhört, könnte glauben, dass in Hürth-Efferen die Leistung deutscher Trümmerfrauen in den Schatten gestellt worden ist.

Entstanden immerhin ist ein Sportparcours, ein riesiger Abenteuerspielplatz für große Jungs und etlichen Holzhütten. In einer davon wird das reuige Dutzend in einem Gemeinschaftsschlafsaal schlafen. Gut, dass es kein Geruchsfernsehen gibt.

Dabei stehen die Betten so ordentlich in Reih und Glied wie bei den sieben Zwergen – nur dass die Rolle des Schneewittchens doppelt besetzt ist: Annica und Rezzan heißen die beiden Fitnesstrainerinnen, die die Männer körperlich auf Trab bringen und wohl auch hormonell verwirren werden; die beiden sehen aus, als wären sie frisch aus den Fashion-Seiten einer Frauenzeitschrift gepurzelt. Ein hauptberuflicher Football-Trainer namens Kent Anderson wird als „Captain“ die Männer auf Ordnung, Disziplin und Teamgeist trimmen, denn: „Im Sport und in der Liebe muss man hart arbeiten“, sagt er. Ein großer Gedanke, gelassen ausgesprochen.

Zur Komplettierung des „Rundum-glücklich-Pakets“ (Gisela Marx) wird sich außerdem eine Psychologin darum kümmern, das Bewusstsein der Männer für ihre Partnerin zu schärfen. Und Karin Baum, eine dralle und sehr gemütliche Hauswirtschafterin, soll die Männer an den Herd bringen. „Zu gewinnen gibt es für die Männer übrigens nichts“, sagt Gisela Marx, „außer dem, was sie ohnehin schon einmal hatten: die Liebe ihrer Frauen.“

Das klingt weitaus besser und versöhnlicher, als es ist: Letztlich, und das ist das unbestritten Fiese an der Besserungs-Schmonzette, geht es zum x-ten Mal doch wieder nur darum, Menschen bei etwas zu beobachten, das besser privat bliebe. Paartherapien und Psychologinnen sind eine wichtige Sache; prima wäre allerdings, wenn sie nicht im Fernsehen stattfänden.

Dr. Roger Schawinski hat dann irgendwann seinen Matratzen-Test eingestellt und sich zu „Anke Late Night“ nach Köln-Mülheim chauffieren lassen. Dort blüht, ganz ähnlich wie im Besserungs-Camp, auch nix.

Gut möglich, dass Dr. Roger Schawinski nicht nur ein Geschäftsmann ist. Sondern zugleich auch ein sentimentaler Typ. Vielleicht wollte er Anke Engelke einfach noch mal live sehen, bevor er ihre Show im Herbst absetzt.