Apokalypse ungedeckt

Die Versicherungsgesellschaften schließen seit kurzem Folgen von ABC-Angriffen in ihren Policen aus

BERLIN taz ■ Die Angst vor dem Terror ist bis in bundesdeutsche Versicherungspolicen vorgedrungen. Denn seit 1. Juli 2004 gibt es beim Abschluss von Lebensversicherungen eine Klausel, welche die Gefahrenübernahme bei Terroranschlägen mit ABC-Waffen ausschließt.

Die Zurückhaltung beim angebotenen Versicherungsschutz fußt auf mehreren Faktoren. Eine Ursache sei, „dass es immer einfacher wird, mit Hilfe von biologischen oder chemischen Kampfstoffen schwere Anschläge zu verüben“, wie Oskar Durstin vom Verband der Versicherungsberater erklärt.

Ein Experte der Hamburger Lebensversicherung „Neue Leben“ betont, das die wirtschaftlichen Folgen eines groß angelegten Anschlages mit vielen hunderten oder gar tausenden von Toten für eine Versicherung gleich welcher Größe nicht zu schultern wären. „Würde es zu einem solchen Anschlag kommen, stünden wir im Falle vollen Versicherungsschutzes vor dem Ruin.“ Daher sei es auch unmöglich, die potenziellen Konsequenzen durch eine Erhöhung der Versicherungsprämien aufzufangen. Das würde jeglichen finanziellen Rahmen der Versicherten sprengen.

Zwar gilt das Schreckensszenario eines Schadens durch ABC-Waffen generell als sehr unwahrscheinlich. Bislang haben sich zumindest die meisten Anschläge mit Milzbrand-Viren als schlechte Scherze entpuppt. Im März 1995 wurden hingegen bei einem Anschlag mit dem Giftgas Sarin 12 Menschen in einem Tokioter U-Bahnhof getötet. Zynisch betrachtet muss aber bemerkt werden, dass bei dieser Größenordnung ein Versicherungsausschluss noch nicht greift.

„Die Lebensversicherungssumme wird nur in dem Falle verweigert, wenn dieser die Existenz der Versicherung zu gefährden droht“, so Peter Präve, Syndikus beim Gesamtverband der deutschen Versicherer. Das spröde Versicherungsdeutsch nennt solche Ausnahmefälle mit vielen Opfern bei einem einzigen Schadensereignis „Kumulschäden“.

Eckhardt Marten, Sprecher der Allianz Lebensversicherung sprach gegenüber der taz von einer neuen Dimension des Terrors, deren Folgen man nicht mehr verlässlich kalkulieren könnte. Deshalb wäre es an der Zeit gewesen, sich dagegen abzusichern

Bei Sachversicherungen reagierte die Branche bereits unmittelbar nach den Anschlägen und dem Zusammenbruch der Twin Towers am 11. September 2001 in New York. So wurde für die Sachschäden in Milliardenhöhe infolge von Terroranschlägen vom Gesamtverband der Versicherer (GdV) ein Konzept erarbeitet, welches die finanziellen Folgen eines solches Ereignisses auf mehrere Versicherungen aufteilt. Außerdem wurde zusammen mit dem Staat die Auffanggesellschaft „Extremus“ gegründet, bei der die Regierung alle Schäden oberhalb von zwei Milliarden Euro übernimmt.

MARCO LAUER