Georg M. Oswald

„Untersteh‘ Dich!“,sagt meine Frau

„Ich soll mir ein Buch ausdenken, das sofort verboten würde“, sage ich zu meiner Frau. Ihre Augen verengen sich zu Schlitzen, und sie antwortet: „Untersteh' dich!“

Natürlich hat sie Recht, angenommen ich würde ein Buch über sie schreiben, und zwar so, dass sie es durch eine einstweilige Verfügung verbieten lassen könnte, weil es ihre Persönlichkeitsrechte verletzte, dann – ja dann könnten wir nun wirklich nicht behaupten, das wäre sonderlich originell gewesen. Zwar hätten wir es geschafft, die Justiz zu beschäftigen, aber das tut ja auch jede Nachbarschaftsstreitigkeit um einen Maschendrahtzaun oder – kaum denkbar – noch nichtigere Anlässe.

Nein, aus Sicht des männlichen heterosexuellen Schriftstellers sind eigentlich schon seit Philip Roths „Die Tatsachen“, spätestens aber seit Maxim Billers „Esra“ und Alban Nikolai Herbsts „Meere“, Ehefrauen, Exehefrauen, Freundinnen, Exfreundinnen, also allgemein Frauen, mit denen man mal was hatte, als Romanstoff tabu. Man müsste sich ja fragen lassen, ob einem nichts mehr einfiele. Und sonst? Schwierig. Die Politik der Bundesregierung so richtig fett in Romanform in die Pfanne hauen? Uaah! Solange nichts über die Haarfarbe vom Kanzler drin vorkäme – keine Chance auf ein Verbot. Überhaupt, alles Politische – Fehlanzeige. In dem Punkt herrscht absolute Meinungsfreiheit, hier haste zwanzig Cent, erzähl's der Parkuhr. Nein, es hilft nichts, die einzige Methode, ein Buch verboten zu bekommen, besteht darin, sich irgendjemanden, bei dem sich's wirklich lohnt, herauszusuchen und ihn dann ganz gezielt und volle Kanne öffentlich bloßzustellen und zu beleidigen. Ich würde gerne den ultimativen Schlüssel- und Entschlüsselungsroman über die saugeilen Schwabinger Swinging Sixties von Dörminäder und Gavana Schwoaznäggä lesen, und ich bin sicher, er wäre in nullkommanix mit den fiesesten kalifornischen Staranwälten hier, um alles sofort verbieten zu lassen. Zweifelt irgendjemand daran, dass er gewinnen würde?

Georg M. Oswald hat bei Rowohlt gerade den Roman „Im Himmel“ veröffentlicht