Von allen guten Winden verlassen

Den Windmüllern geht es schlecht. Dieses Jahr stellen sie ein Viertel weniger Propeller auf als im letzten. Die Banken geben keine Kredite, Expansion auf See klappt nicht, die ins Ausland ist gescheitert. Zudem kaufen Verbraucher zu wenig Ökostrom

aus Bochum DAVID SCHRAVEN

Die Windbranche steht unter Druck. Im laufenden Jahr bleibt die neu installierte Leistung deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Der Bundesverband für Windenergie prognostizierte gestern, dass rund ein Viertel weniger Propeller aufgestellt werden. Die Neuleistung läge demnach Ende des Jahres bei knapp 2500 Megawatt. Peter Ahmels, Vorsitzender des Bundesverbandes, sagte: „Der Trend wird sich im nächsten Jahr fortsetzen.“

Den Propelleraufstellern bläst der Wind ins Gesicht. Als Ursache für die Probleme in der einstigen Boombranche nennen Fachleute neben der Debatte um eine Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor allem das geschwundene Interesse der Privatanleger. Darüber hinaus werden Banken nach Ansicht des Ökoexperten der Commerzbank, Burkhard Weiss, zurückhaltender bei der Vergabe von Krediten. So bleiben dringend benötigte Investitionen aus, geplante Projekte können nicht umgesetzt werden.

Neben den externen Problemen erschüttern aber auch hausgemachte Schwierigkeiten das Vertrauen in die Rotorbauer. Reihenweise mussten börsennotierte Unternehmen ihre Prognosen nach unten korrigieren. Die Zukunft der Branche steht ohnehin auf wackligen Beinen. Nach dem neuem EEG soll etwa die Förderung für windschwache Standorte zusammengestrichen werden.

Die Zunft sah ihre Zukunft lange Zeit auf See, im küstennahen, so genannten Offshore-Bereich. Mittlerweile sind die Aussichten getrübt: Zwar verbessert die Neufassung des EEG die Chancen für Windfarmen auf hoher See. Doch wird das notwendige Kapital kaum von den Banken oder über die Börse kommen, meint WestLB-Analyst Frank Skodzik. Und Staatsbürgschaften für Windfirmen stoßen bei Bund und Ländern auf wenig Gegenliebe. So rechnen Experten damit, dass nur finanzkräftige Konzerne wie E.ON oder General Electrics die Hochseeprojekte umsetzen können.

Ebenso bringt das Auslandsgeschäft keine Entlastung. In Spanien besipielsweise können die Windparks nur selten an das schlecht ausgebaute Stromnetz angeschlossen werden. Und in Frankreich ist das in Deutschland erfolgreiche Fondsmodell nahezu unbekannt. Zusätzlich belasten die Projektierer hohe Fixkosten, die sie in der Hoffnung auf ein florierendes Auslandgeschäft aufgebaut haben.

Nach Ansicht der Analysten wird es in der Propellerindustrie zu einer „Marktkonsolidierung“ kommen. Philipp Spitz, Geschäftsführer der Murphy&Spitz Umwelt Consult, sagt. „Einige Firmen haben keine Zukunft mehr.“ Spitz sieht allerdings auch positive Effekte des harten Wettbewerbs. „Heute werden bessere Windparks mit besseren Konzepten angeboten.“ Die neuen Fonds seien statt an Steuersparmodellen an Gewinnen orientiert. Für Windverbandschef Ahmels „war es noch nie so einfach wie heute, gute Anlagen zu bekommen“. Die Rotoren würden zuverlässiger und die Erträge besser kalkulierbar. „Wir haben viel durch Versuch und Irrtum gelernt.“

An der Branchenflaute ist aber auch der Verbraucher schuld. Noch immer kaufen zu wenige Ökostrom, sind wahre Ökomuffel. So legt eine repräsentative Emnid-Umfrage des Greenpeace-Magazins, die gestern veröffentlicht wurde, nahe: Die Deutschen haben ein gespaltenes Verhältnis zu umweltfreundlichen Energien.

Zwar sprechen sich 67 Prozent der 1.008 Befragten für eine großzügige Förderung der Windkraft aus. Und 79 Prozent beteuern, daheim fleißig Energie zu sparen. Doch einen Wechsel zu einem Ökostromanbieter erwägen lediglich 7 Prozent. Mehr als ein Drittel der Befragten gab gar an, es sei ihnen gleichgültig, ob ihr Strom umweltfreundlich hergestellt wird. 3 Prozent behaupteten übrigens, sie hätten bereits gewechselt. Das kann freilich nicht sein: Laut dem Verband der deutschen Elektrizitätswerke (VDEW) bezieht nur etwa die Hälfte von ihnen tatsächlich Ökostrom.