Radlers kleiner Helfer

Doping ist verboten, technischer Support nicht. Zumindest nicht beim Alltagsrad. So lassen sich menschliche Schwächen durch zugeschaltete Motorleistung kaschieren. Doch wenn der Akku leer ist, wird es beschwerlich: Die Räder haben Gewicht

VON HELMUT DACHALE

Locker in die Pedale treten, nicht ins Schwitzen geraten und dennoch mit 30 oder gar 40 Stundenkilometer herumflitzen. Das geht, weil am Fahrrad ein Motörchen arbeitet, das zudem als solches kaum zu erkennen ist. Ob dieser Art der Fortbewegung die Zukunft gehört, steht noch in den Sternen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) jedenfalls, die Behörde mit den Punkten, tut sich neuerdings schwer beim Genehmigen von Fahrrädern, deren Hilfsantrieb mehr als 250 Watt hat und deshalb mehr als Tempo 25 zulässt.

Ohne eigenes Bemühen keine Unterstützung

Derartige Widerstände werden das Fahrradfahren light keinesfalls aufhalten können – dies scheint das Credo der Hersteller zu sein. Immer mehr setzen aufs Zusammenspiel von Mensch und Motor. So hat Fahrradproduzent Riese und Müller, eher bekannt als Liebhaber des gefederten Bikes, gerade seine ersten drei Hybrid-Modelle vorgestellt – und kündigt schon weitere an. „Das ist kein Trendthema, das verpuffen wird“, davon ist Unternehmenssprecher Tobias Spindler überzeugt.

Dabei ist bereits vor zwölf Jahren das Hybrid-Bike oder Pedelec (Pedal Electric Cycle) als etwas Revolutionäres vorgestellt worden. Sein Alleinstellungsmerkmal bis heute: der akkugetriebene Elektromotor und dessen Arbeitsweise. Er assistiert nur. Nur wenn der Fahrer in die Pedale tritt, springt er an und ihm zur Seite. Ein Pedelec funktioniert nach der Devise des Sozialstaats – ohne eigenes Bemühen keine Unterstützung. Die meisten Modelle sind mit einem 250-Watt-Motor ausgestattet, der eine feste Obergrenze hat. Bei Tempo 25 stellt er die Arbeit ein, er kann sogar ganz abgeschaltet werden. Mit einem derartigen Profil hat auch das KBA keine Probleme. Auch rein amtlich ist solch ein Pedelec immer noch ein Fahrrad. Anders die Boliden, die zu stärkerer Leistung fähig sind. Auch diese Ausnahmeerscheinungen werden bereits verkauft.

Dazu zählt die „Flyer S-Serie“, hergestellt von der schweizerischen Biketec AG: Ein dreistufiger Motor spendiert maximal eine Zugabe von 150 Prozent, sodass man ordentlich tretend, aber ohne EPO im Blut 45 Stundenkilometer erreichen kann. Dann wäre da noch die Frage nach dem Preis: nun ja, 3.500 Euro und etwas mehr. Oder Kalkhoffs „Pro Connect S“, das unter ähnlichen Bedingungen bis auf Tempo 40 getrieben werden kann und für rund 2.800 Euro zu haben ist.

Und ein vollkommen unabgeregeltes Exemplar will noch in diesem Jahr Riese und Müller auf den Markt bringen. Die derzeitigen 250 Watt des „Delite hybrid“ sollen dann verdoppelt sein – ein Projekt, dem das Kraftfahrt-Bundesamt im ersten Anlauf die Zulassung verweigert hat, jetzt ist eine TÜV-Einzelabnahme vorgesehen.

Eines eint all die Schnellen, die mehr als 250 Watt haben und im Mix von Muskel- und Motorkraft mehr als 25 Stundenkilometer erreichen können: Sie gehören offiziell zur Gattung der Kleinkrafträder, was auch noch ohne Weiteres zu erkennen ist am vorgeschriebenen Mofa-Versicherungskennzeichen. Ansonsten ist bei den neuen elektrogestützten Rädern mehr die Camouflage angesagt. So wird der Motor gern in der Vorder- oder Hinterradnabe platziert, man könnte ihn auch für eine Trommelbremse halten. Kein Brummen mehr, allenfalls ein leichtes Sirren. Und der Akku versteckt sich in einer unauffälligen Radtasche oder gar im Rahmenrohr. Muss ja nicht jeder mitkriegen, dass der Radler „verdeckt unterwegs ist“, wie es Tobias Spindler formuliert.

Nach 40 bis 80 Kilometern sind die Akkus am Ende

Außerdem ist man bemüht, die Leistungsfähigkeit der Akkus zu verbessern – vor allem durch die Lithium-Ionen-Technologie – und damit die Reichweiten zu erhöhen. Aber irgendwann und irgendwo ist trotzdem Schluss. Das Aufsuchen des Stromnetzes kann bereits nach 40 Kilometer nötig werden, vielleicht auch erst nach 80. In ungefähr dieser Bandbreite schwanken die Angaben der Hersteller. Es hänge halt davon ab, wo und wie geradelt werde. Und die Stromkosten? Die Hartje KG hat ausgerechnet, was im Schnitt eine Aufladung kostet: zwischen 4 und 10 Cent. Der Akku, der bei ihrer Pedelec-Marke „Victoria“ („Der Turbo aus der Steckdose“) verbaut wird, könne immerhin 500-mal aufgeladen werden.

Mittlerweile wird nahezu jedes Pedelec als Hightech verkauft. Und dazu gehört auch etwas Elektronik am Lenker, ein Display, auf dem die gefahrenen Kilometer sowie der Ladestand der Batterie zu erkennen sind. Gut so. Denn so ein Fahrrad nur mit nackter Muskelkraft zu bewegen, dürfte für manche wohl doch zu anstrengend sein: Es kann erheblich mehr wiegen als ein herkömmliches Modell.