Hörprobe
: Bebel Gilberto

Nach der Hitze des Tages

Eines Nachts hätte sie geträumt, dass sie schwanger sei, aber kein Mann wäre daran beteiligt gewesen. Dann wäre ihr klar geworden, dass dieses Baby kein biologisches sei, sondern ihre Musik. Das sagt Bebel Gilberto über ihr neues, im Sommer erschienenes Album, das einfach „Bebel Gilberto“ heißt und klar macht, dass da eine ganz bedeutsame Musikerin und Sängerin herangewachsen ist.

Bereits ihr im Jahr 2000 veröffentlichtes erstes Album Tanto Tempo sorgte weltweit für große Beachtung. Die in New York lebende Brasilianerin verband aus ihrer Heimat stammende Rhythmen wie Bossa-Nova und ein wenig Samba mit Jazzelementen und leichten Anleihen von Elektronic aus den USA. Daran hat sie in den letzten vier Jahren weiter gearbeitet. Herausgekommen sind äußerst entspannte Sounds, die sich vor Leichtigkeit aufzulösen scheinen. Sie fühlen sich an wie ein leichter, warmer Sommerwind, der bei Sonnenuntergang über den Strand weht und die Glut des Tages ablöst.

In einer Art Flucht verließ Bebel Gilberto Anfang der 90er Jahre Brasilien in Richtung New York. Bis dahin hatte sie versucht, in ihrer Heimat ihren eigenen musikalischen Weg zu gehen. Doch das war in einem Land, in dem Musiker gerne wie Nationalhelden gefeiert werden, nicht eben einfach. Vor allem nicht, wenn der Vater eine solche lebende Legende ist: João Gilberto, Begründer des Bossa-Nova und Verfasser des weltbekannten Songs „The Girl From Ipanema“. Auch die Mutter Miúcha ist in Brasilien weithin bekannt, vor allem durch die Arbeit in den 70er Jahren gemeinsam mit ihrem Mann und einem der ganz Großen im Jazzgeschäft: Stan Gets. Außerdem noch ihr Onkel: Chico Buarque, ebenfalls Musiker mit Legenstatus.

Dem mit dieser Verwandtschaft verbundenen Druck von Erwartungen und Anforderungen entzog sich Bebel Gilberto mit ihrer Flucht nach New York. Spätestens heute, nach ihrem zweiten Album, braucht sie diese Erwartungen nicht mehr zu fürchten.

Dirk Seifert

Morgen, 20 Uhr, Grünspan