Eckhoff verliert wieder gegen Milli Görüs

5:0 für die Islamische Gemeinschaft: Das Oberlandesgericht ließ die Berufung des CDU-Aufsteigers Jens Eckhoff nicht zu, weil dieser keine Chance habe: Unwahre Behauptungen sind kein Beitrag zur Meinungsbildung. Eckhoff will weiter prozessieren

Bremen taz ■ „Eine unwahre Tatsachenbehauptung kann den Schutz des Grundrechtes von vornherein nicht beanspruchen, weil sie keinen Beitrag zur Meinungsbildung leistet.“ So grundsätzlich und knallhart hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg den Bremer Bausenator abgewiesen und belehrt. Nun schon zum fünften Mal mussten Hamburger Richter sich mit dem Streit des Bremer Politikers mit der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) auseinandersetzen, in keinem der Verfahren konnte Eckhoff bei den Richtern Verständnis für seine Auffassung finden: „Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung“, schrieben die Richter diesmal in das Urteil, die Berufung werde nicht zugelassen. Aber Eckhoff will vor den Bundesgerichtshof ziehen. „Es geht um die Frage, inwieweit man sich auf Aussagen des Verfassungsschutzes verlassen kann“, begründet sein Anwalt Walter Schmel die Bedeutung des Falles. „Auf wenn soll man sich denn sonst noch verlassen...“

In der Sache geht es darum, das Eckhoff behauptet, er dürfe ein Zitat des Bayerischen Verfassungsschutzes über Milli Görüs im Vertrauen auf die Seriosität dieses Staatsorgans verbreiten. Am 16. Dezember 2002 hatte Eckhoff, damals noch Bremer CDU-Fraktionsvorsitzender, in einer Pressemitteilung das offene Zugehen von Bürgermeister Henning Scherf (SPD) auf muslimische Vereinigungen kritisiert. Er hatte Milli Görüs als verfassungsfeindliche „islamistische“ Vereinigung bezeichnet und zum Beweis aus einer alten Broschüre des Bayerischen Verfassungsschutzes (VS) zitiert, in der die Verfassungsfeindlichkeit von Milli Görüs durch ein anonymes Zitat belegt wird: „Für uns gibt es drei Feinde. Der Feind Nummer eins sind die Christen. Der zweite Feind sind ebenfalls die Christen. Der Feind Nummer drei sind abermals die Christen.“ Wer das wo gesagt haben soll, steht in der Verfassungsschutz-Broschüre nicht.

Vor dem Hamburger Landgericht hatten die bayerischen Schlapphüte zunächst behauptet, das Zitat stamme von einem Redner der IGMG – aber „ohne Angabe von Datum, Ort und Person“, wie das Gericht monierte. Das wollte der Verfassungsschutz in der zweiten Instanz nachholen: Nach einem „Behördenzeugnis“ soll der Satz im Jahre 1989 gefallen sei. Also nicht von einem Redner der IGMG, schloss das Oberlandesgericht, die ist nämlich erst 1995 gegründet worden. Der Verfassungsschutz habe offenbar versucht, das Landgericht zu täuschen. Die dienstliche Erklärung des Präsidenten des Verfassungsschutzes habe zudem „lediglich allgemein bestätigt“, dass das Zitat im Jahre 1989 von dem Redner Yilmaz benutzt worden sei. Da aber „unklar“ sei, wie der Verfassungsschutz Kenntnis von dem Zitat erlangt habe, könne das Gericht nicht bewerten, „wie zuverlässig die Quelle ist“.

Unabhängig davon dürfe Eckhoff das Zitat im Dezember 2002 nicht mehr so nutzen, wie er das getan habe: „Die dem Leser der Pressemitteilung vermittelte Aktualität des Zitates entspricht also (…) nicht der Realität.“ Zudem, so das Gericht, sei „nicht glaubhaft gemacht“, dass das Zitat wahr sei.

Von Ahmet Özden, dem Vorsitzenden der Islamischen Föderation Bremen, hat Eckhoff seit Monaten eine Einladung auf dem Tisch. „Wer es ernst meint mit der Diskussion um die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, sollte den direkten Kontakt suchen.“ Eine ernst gemeinte Diskussion dürfe nicht nur über die Medien geführt werden. „Die Bremer CDU-Spitze diskutiert in der Öffentlichkeit über die Menschen in der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, ohne dabei einen dieser Menschen kennen gelernt zu haben. Deshalb möchte ich Herrn Eckhoff in die Fatih Moschee einladen, um mit ihm in einer persönlichen Atmosphäre zu sprechen.“

kawe