Neue Gütertrennung

Berlin versucht seit Jahren Stadtgüter zu veräußern – ohne Erfolg. Grüne fordern erneute Ausschreibung

„Die Verkaufsverhandlungen müssen als klar gescheitert angesehen werden“, stellte Lisa Paus, Wirtschaftsexpertin der Grünen-Senatsfraktion gestern klar. Seit zweieinhalb Jahren versucht der Senat, die Stadtgüter abzustoßen. Zuletzt hatte ein Bieterkonsortium aus den Niederlanden in letzter Minute den Vertragstermin beim Notar platzen lassen. Paus fordert deshalb eine neue Ausschreibung. Die Güter sollten einzeln zum Verkauf angeboten werden.

Die Ausschreibung sei „noch nicht endgültig gescheitert“, sagte dagegen der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Christoph Lang. Man verhandele noch mit zwei Bietern. Aber auch diesen Verhandlungen, mit dem Milchkonzern Kampina und dem Müllunternehmer Rethmann, beschied Paus keine großen Erfolgsaussichten.

Die vor drei Jahren beschlossene Ausschreibung aller Stadtgüter en bloc war nach Meinung der Grünen eine Fehlentscheidung. Der Kreis der Bieter sei so von vornherein auf Großkonzerne beschränkt geblieben. Ein anvisierter Preis von 40 Millionen Euro sei „eine gewisse Eintrittsbarriere“ für normale Investoren, sagte Paus. Käufer aus der Landwirtschaft seien auf diese Weise nie infrage gekommen.

Ohnehin ist Landwirtschaft derzeit kein boomendes Geschäft. Nach der Dürre des letzten Sommers stecken viele Agrarbetriebe erst recht in der Krise. Davon sind die Stadtgüter auch betroffen. Selbst ohne die Schäden des Sommers einzurechnen, würden sie in diesem Jahr drei Millionen Euro Miese machen, schätzt die grüne Wirtschaftsexpertin. Das zieht Käufer nicht gerade an. Dennoch: Die Agrarbetriebe im Speckgürtel Berlins sind das derzeit größte landwirtschaftliche Unternehmen Deutschlands. Mit 6.000 Milchkühen dürfen sie auf dem streng regulierten deutschen Milchmarkt jährlich 45 Millionen Kilogramm Milch absetzen.

Dieses Recht, Milchquote genannt, stellt den größten Kaufanreiz dar. Doch die Quote läuft wahrscheinlich im Jahr 2005 aus, wenn sie durch eine Prämie der EU ersetzt wird. Man dürfe deshalb nicht noch mehr Zeit verlieren, sagte Paus. In einem Antrag der Grünen-Fraktion vom vergangenen Donnerstag fordert sie, die Güter gesplittet zum Verkauf anzubieten: Die vier Betriebe im Norden Berlins sollen dabei auf Ökolandbau umgestellt werden. Die Güter im Süden weiterhin konventionell bewirtschaftet werden.

GRIT EGGERICHS