Unsportliches Geldverteilen

Weil Lotto nicht genug einbringt, soll Mädchensport 45 Prozent sparen. Parlament fordert Böger auf, das Projekt nun aus seinem Etat zu fördern. Aber der ignoriere den Beschluss, klagen die Grünen

VON CHRISTINE KEILHOLZ

Unsportlich fand Karsten Heyer die Art und Weise der Mitteilung: Durch einen Anruf wurde der Geschäftsführer des Vereins Kiez für Kids von der Senatsjugendverwaltung Anfang September informiert, dass ab 2005 die Mittel für seine Mädchensportprojekte um 163.000 Euro gekürzt werden sollen.

Die schriftliche Bestätigung bekam der Verein erst drei Wochen später. Da hatte Heyer schon per Brief bei Bildungssenator Klaus Böger (SPD) und der Landessportjugend gegen die Kürzung um 45 Prozent protestiert. Gemeinsam mit Christina Emmrich, PDS-Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg, und der Grünen-Jugendexpertin Ramona Pop wandte sich Heyer gestern an die Öffentlichkeit.

Hintergrund sind die sinkenden Einnahmen der Lotto-Gesellschaft, die seit 1996 die Projekte finanziert. Weil Lotto nicht genug einbringt, sollen im nächsten Jahr 1,46 Millionen Euro gestrichen werden. Zwar hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, dass Böger diesen Betrag durch Einsparungen an anderer Stelle ersetzen soll. Aber dieser Beschluss werde von dem Senator einfach ignoriert, kritisierte Ramona Pop.

„Sport in Berlin ist zu 80 Prozent Leistungssport“, erklärt Karsten Heyer. Kiez für Kids bietet dagegen lockere Leibesertüchtigung vor allem für Jugendliche an. Die Mädchensportprojekte wurden 1995 ins Leben gerufen – für Jugendliche in sozial schwierigen Stadtteilen. Sie werden täglich von bis zu hundert Mädchen zwischen 6 und 21 Jahren genutzt. Sportlich gesehen bilden gerade Teenagerinnen eine Problemgruppe, die allzu oft die schulischen Bewegungsangebote scheut.

„Einen Rückschlag für die Frauenpolitik in der Stadt“ nannte Bezirksbürgermeisterin Emmrich die geplanten Einschnitte. „Das alles ist ohne vorherige Absprache mit den Bezirken beschlossen worden“, monierte die PDS-Politikerin, die sich zum Schutz des bedrohten Freizeitsports aufbäumt. „Bevor der Verein von den massiven Kürzungen in Kenntnis gesetzt wurde, gab es nicht das kleinste Signal an mich oder den zuständigen Bezirksstadtrat Michael Räßler.“ Des Weiteren sei augenfällig, dass dem Männersport eher Geld zugeschanzt werde. Sie könne es nicht tolerieren, „dass man das einzige Programm für Mädchen eingehen lässt“. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport wollte sich gestern nicht zu den Vorwürfen äußern.